Vielschichtiges Porträt einer Dorfgemeinschaft

Martina Behm schafft in ihrem Roman „Hier draußen“ so markante Charaktere, dass man gleich nach Fehrdorf fahren und sie persönlich kennenlernen möchte. Doch der Reihe nach: Ingo, einer der Dorfbewohner, fährt eines Abends eine weiße Hirschkuh an. Einem Aberglauben zufolge bringt das großes Unglück. Das geht seiner Frau Lara nicht mehr aus dem Kopf, doch sie hat noch ganz andere Probleme: Ihr Traum, nach dem Umzug von Hamburg aufs Land in einer harmonischen Dorfgemeinschaft zu leben und mehr Zeit mit ihrem Mann zu verbringen, ist zerplatzt. Als Start-up Unternehmer steht Ingo unter enormem Druck, ist gestresst von der Pendelei und nimmt sich kaum Zeit für die vierköpfige Familie.
Unglücklich ist auch Tove, die sich nicht mehr länger von ihrem Mann herumkommandieren und schikanieren lassen will. Die Autorin nimmt sich Zeit, um sowohl die Zugezogenen als auch Alteingesessenen teils in Rückblenden Stück für Stück aufzubauen und ihre Leben facettenreich auszubreiten. Es gibt herrlich komische Szenen wie der Ausbruch einer Rinderherde, dann wieder tragische Momente, wenn die mentale und körperliche Gesundheit der hart arbeitenden Landwirte und ihre Existenz auf dem Spiel steht. Der Sprecherin gelingt es, diesen Szenen und Dialogen ihre Stimme und den Tonfall nuancenreich anzupassen.
Martina Behm beschreibt mit feinem Humor, einfühlsam und kenntnisreich die Herausforderungen in der modernen Landwirtschaft und in zwischenmenschlichen Beziehungen. Sowohl in der Stadt als auch auf dem Land ist das echte „Zusammenleben“ statt nebeneinander zu funktionieren nicht immer leicht, aber unbedingt erstrebenswert.