"Keiner hat diese Farben wie ich"

2014-09-02
München
"Keiner hat diese Farben wie ich"

Liebhaber der Klassischen Moderne kommen in München dank vieler Sammlungen zum Beispiel der Städtischen Galerie im Lenbachhaus auf ihre Kosten. Letzte Woche besuchte ich die Ausstellung "Der Farbenmensch Kirchner" in der Pinakothek der Moderne und war hin und weg.

Mit einfachen Formen und klaren Farben das unmittelbar Erlebte und die reine Empfindung wiedergeben – dies haben sich Expressionisten wie Kirchner auf die Fahne geschrieben. "Keiner hat diese Farben wie ich" schrieb der Mitbegründer der Künstlergruppe 'Die Brücke'. Im Oktober 1911 zog er von Dresden nach Berlin und stellte damit die Weichen für seine künstlerische Laufbahn. Das Erlebnis Berlin war für ihn so aufrührend, dass sein Schaffen in den nächsten Jahren den Höhepunkt seiner gesamten expressionisten Werke erreichte. Genau diese Bilder, in denen Kirchner den modernen Rhythmus der Großstadt, das rastlose Straßen- und Menschengewirr, die Eisenbahnen, Brücken und das künstliche Licht so ausdrucksstark wiedergibt, gefallen mir am besten.

Was ich nicht wusste: Kirchner nutzte seine Ateiliers nicht nur als Arbeits- und Wohnstätte, sondern gestaltete sie durch exotische Möbel, Skulpturen und Textilien zu einem Gesamtkunstwerk. Die Inneneinrichtung seines Bergateliers in Davos, das als Treffpunkt der Künstler Bohème und als Inspirationsquelle für sein Schaffen diente, kann man in einem seiner Gemälde bewundern. Geprägt durch die Farbwelten des Hochgebirges, die er täglich von seinem Atelier aus sah, entwickelte er eine besondere Vorliebe für Blau-, Rosa- und Violetttöne. 

Obwohl man meinen könnte, dass die Expressionisten unmittelbar und impulsiv gearbeitet haben, wird dies in dieser sehenswerten Ausstellung widerlegt. Röntgen- und Infrarot-Aufnahmen machen Unterzeichnungen und Übemalungen sichtbar und zeigen, dass Kirchner seine Bilder genau geplant und systematisch aufgebaut hat. 

 
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