Bewegende Menschenbilder

2014-11-09
München
Bewegende Menschenbilder

Charakteristisch für die Künstler der Weimarer Republik ist eine nüchterne und realistische Wiedergabe der Wirklichkeit. Doch die Werke von George Grosz oder Rudolf Schlichter sind nicht nur sachlich und kühl. Ihre eindringlichen Porträts laden zu einer spannenden Begegnung mit verschiedenen Persönlichkeiten dieser Epoche ein und berühren den Betrachter. Besonders gefallen haben mir die ausdrucksstarken Porträts von Bertolt Brecht und Oskar Maria Graf, die doch ein völlig anderes Bild vermitteln als Fotografien.

Motive von Radiohörern und -bastlern wurden ebenfalls gern genommen, um die immer enger werdende Verbindung zwischen Mensch und Technik aufzuzeigen. Nicht sehr appetitlich, aber beeindruckend fand ich das Gemälde "Operation", für die Christian Schad eine Blinddarmoperation, der er einmal beigewohnt hatte, mit Freunden nachstellte. 

Friedrich Nietzsches „Menschliches. Allzumenschliches“ hat der Ausstellung seinen Titel gegeben. Seine Philosophie hat viele Expressionisten, besonders Otto Dix, stark beeinflusst. Sie erschien ihnen als Befreiung, weil sie die Objektivität der Wirklichkeit als reine Illusionen erklärte. So spiegeln sich die Katastrophenahnungen und der Rückzug aus der Wirklichkeit in die Welt des Geistes auch in vielen expressionistischen Werken wider. Die Ausstellung machte mich neugierig auf Nietzsches Buch für "freie Geister". Zur Zeit bin ich bei Nummer 15 von insgesamt über 1000 Aphorismen und stelle fest, dass seine Ansichten wie "Wer Neues schaffen will, muss sich von alten Glaubenssätzen lösen" noch heute aktuell sind.

 
Kunst, Zeitreise