Zerbrechlicher Mikrokosmos

Wir befinden uns in Broadchurch, einer fiktiven Kleinstadt an der Südküste Englands. Ein Klempner und Familienvater radelt zur Arbeit und scheint jeden im Dorf zu kennen. Gut gelaunt wirft er Nachbarn und Ladenbesitzern einen freundlichen Gruß zu. So familiär kann das Leben in einer Kleinstadt sein.
Doch was passiert, wenn der elfjährige Sohn desselben tot aufgefunden wird? Vorbei ist es mit der scheinbaren Idylle. Vertrauen unter den Bewohnern schlägt in Misstrauen und Gewaltbereitschaft um, zumal im Laufe der Ermittlungen immer Menschen für die Tat in Frage kommen.
Die britische Miniserie „Broadchurch“ fängt etwas schleppend an und zieht das Drama, das der Tod des kleinen Jungen in der Familie auslöst, in die Länge. Doch später begreift man, dass dies Teil der Dramaturgie ist. Die Serie folgt nicht dem Schema F eines Krimis, der mit einem Verbrechen beginnt und mit der Verhaftung des Täters endet. Der Fall ist nur der Auslöser für den Zusammenbruch einer vermeintlich harmonischen Dorfgemeinschaft. Immer mehr dunkle Geheimnisse einzelner Dorfbewohner werden enthüllt und lässt sie nicht gerade in einem guten Licht dastehen. Dies geschieht zunächst weniger durch geschickte Polizeiarbeit, sondern vielmehr durch den Ehrgeiz zweier Journalisten, die eine heiße Story wittern.
Zu den Verdächtigen zählt auch der Pfarrer, dessen Predigten über Nächstenliebe und Zusammenhalt einen krassen Gegensatz bilden zu dem, was sich in der Realität abspielt. Mit der Solidarität ist es nicht weit her, sobald die eigene Sicherheit bedroht wird. So bekommen die Bewohner von Broadchurch zu spüren, was es heißt, wenn sich alle gegen einen verschwören.
Neben den vielschichtigen Figuren trägt auch der Schauplatz rund um die schroffen Felsen zur düsteren Atmosphäre dieser brilliant erzählten Geschichte bei und wird immer wieder künstlerisch in Szene gesetzt. Kein Wunder, dass die Serie in England mit einer Einschaltquote von mehr als dreißig Prozent ein großer Erfolg war.