Dreistigkeit siegt

In letzter Zeit stoße ich gehäuft auf Bücher und Filme, in denen es um Täuschung geht. Einer von ihnen ist der deutsche Thriller „Who am I – Kein System ist sicher“. Ein junger Mann namens Benjamin hat seit seiner Kindheit nur einen Wunsch: von seinen Mitmenschen wahrgenommen zu werden. Ein Held zu sein. So weit klingt die Handlung des Films nicht außergewöhnlich.
Erst als Benjamin die Bekanntschaft mit Max, einem typischen Gewinnertypen, macht, verändert sich sein Leben grundlegend, denn dieser schenkt ihm die lang ersehnte Beachtung. Nicht ganz uneigennützig, denn Max ist äußerst interessiert an Benjamins Fähigkeiten als Computer-Hacker.
Nach dem Motto „Dreistigkeit siegt“ bringt er dem schüchternen Typen bei, sich in dieser Welt Gehör zu verschaffen. Mit zwei weiteren Freunden gründen sie die Gruppe CLAY, sabotieren eine Veranstaltung von Neonazis und mischen als Spaßhacker die Konzerne auf. Das Gefühl der Macht und die Gier nach Anerkennung werden von den vier Figuren überzeugend vermittelt. Max hat allerdings Größeres vor: Er will sein großes Vorbild im Darknet MRX mit seinen Taten beeindrucken.
Der Film zeigt, dass Hacker selten wegen technischer Sicherheitslücken, sondern vielmehr durch menschliche Ignoranz und Nachlässigkeit in Systeme kommen. So sucht das Quartett im Müll nach Notizen und Korrespondenz von Mitarbeitern, die ihnen Zugang zu den vermeintlich sichersten Organisationen wie dem BND verschaffen. Sehr gelungen fand ich, wie die Kommunikation in den Internetforen visualisiert wird. Die virtuellen Gespräche in den U-Bahn-Wägen und die düsteren Bilder Berlins unterstreichen die bedrohliche Stimmung des wendungsreichen Thrillers.
Heute las ich in einer technischen Fachzeitschrift, dass Hackerangriffe und Cyber-Spionage die Menschen in Deutschland eher kalt lässt. Der Sicherheitsreport 2015 ergab, dass sich die Bürger kaum Sorgen über Cyber-Risiken machen. Die Allensbacher Meinungsforscher vermuten, dass Gewöhnungseffekte und das Empfinden, persönlich nicht betroffen zu sein, dahinter stecken.