Freund und Konkurrent

2016-01-23
Dessau
Freund und Konkurrent

Es ist erst wenige Wochen her, dass ich die Gelegenheit hatte, das Bauhaus-Archiv in Berlin zu besuchen. Zu den Meistern dort zählten Paul Klee und Wassily Kandinsky. Welch ein Zufall, dass sich eine Ausstellung im Münchner Lenbachhaus genau diesen zwei Künstlern widmet, genauer gesagt, ihrer Freundschaft und ihren wechselseitigen Einflüssen. 

1911 lernten sich die beiden in Schwabing kennen, wo sie in nächster Nachbarschaft wohnten – elf Jahre später sahen sie sich als Lehrer am Bauhaus in Weimar. Dies war der Beginn einer sehr bereichernden Freundschaft. Dabei war ihre Kunstauffassung sehr gegensätzlich. Kandinsky pflegte systematisch zu arbeiten, seine Kunst war durch Klarheit und Logik bestimmt. Er hatte verschiedene Künstlervereinigungen wie „Der Blaue Reiter“ gegründet, der sich Paul Klee anschloss. Kandinskys expressive Bilder aus Murnau steckten den Zeichner Klee an, einen freieren Umgang mit Farbe zu wagen. 

1926 zog die Lehrstätte nach Dessau um und Klee und Kandinsky teilten sich ein Doppelhaus, das als Modell in der Ausstellung zu sehen ist. Sie diskutierten über Kunst, schenkten sich gegenseitig ihre eigenen Werke und feierten mit ihren Ehefrauen Feste. Der wechselseitige Einfluss schlug sich in ihren Bildern nieder. Klee malte zunehmend konstruktiver und geometrischer während Kandinsky mit biomorphen Formen experimentierte. So hätte ich bei dem Werk "Entre-Deux" nicht auf Kandinsky, sondern auf Klee getippt.

Der unterirdische Kunstbau des Lenbachhauses bietet den idealen Rahmen, um die Unterschiede und Gemeinsamkeiten ihrer Werke zu betrachten. Die schwebenden Elemente und figürlichen Formen in Klees Phantasiewelten kommen genauso gut zur Geltung wie Kandinskys großflächige abstrakte Gebilde in explosiven Farben. Dieses Wochenende ist die letzte Chance, die außergewöhnliche Schau zu besuchen.

 

 
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