Master of Suspense

In letzter Zeit habe ich einige Bücher über Künstlerpaare gelesen, die sich gegenseitig kreativ beflügelten, wie Clara Westhoff und Rainer Maria Rilke, Sonia und Robert Delaunay oder Leonora Carrington und Max Ernst. Dass Alfred Hitchcock und Alma Neville ebenfalls dazu zählten, erfuhr ich erst durch den Film "Hitchcock" von Sacha Gervasi aus dem Jahr 2013. Das Biopic bildet einen kleinen Ausschnitt aus seinem Leben ab und zwar die Phase der Konzeption und Produktion seines Horrorklassikers „Psycho". Und doch erfährt man in komprimierter Form sehr viel über Hitchcocks Charakter, seine Willenskraft, Selbstzweifel, seine Allüren am Set und vor allem die starke Bindung zu seiner Frau Alma. Wer hätte gedacht, dass Hitchcock seinen Welterfolg auch seiner Frau zu verdanken hat.
Alma ist die einzige, die an ihren Ehemann glaubt, als dieser sich in den Kopf setzt, eine grausige Mordgeschichte zu verfilmen. Er möchte noch einmal seine ganze Schaffenskraft in ein experimentelles Filmprojekt setzen, das alles bisher Dagewesene in den Schatten stellt. Nachdem sein vergangener Film "Vertigo" floppte, ist der Druck enorm. Hitchcocks Produktions- und Verleihgesellschaft Paramount wünscht sich einen Kassenschlager wie "North by Northwest" und will von Hitchcocks neuem Projekt nichts wissen. Um den Film dennoch zu realisieren, setzt das Ehepaar ihr Hab und Gut sowie ihren Ruf aufs Spiel.
Hitchcocks Schwäche für kühle blonde Schönheiten wie Tippi Hedren oder Grace Kelly, die er bevorzugt als Hauptdarstellerinnen auswählte, ist allgemein bekannt. Wie sehr Alma unter seinen Frauenfantasien litt und ihm trotzdem auch in schwierigsten Zeiten zur Seite stand, wird nicht zuletzt durch die schauspielerische Leistung von Helen Mirren sehr überzeugend vermittelt. Hitchcocks wiederholte Alpträume von einem Serienmörder und Kannibalen sind etwas verwirrend, doch das gelungene Setting aus den 50er Jahren, das Design, die Klamotten und die bissigen Dialoge zwischen Alma und Alfred machen einige Schwachstellen im Drehbuch wieder wett.