Standhafter Mann

2016-06-01
Berlin
Standhafter Mann

Der Film „Bridge of Spies“ von Steven Spielberg, der letzten Monat auf DVD erschienen ist, hat so einiges gemeinsam mit dem Thriller "Captain Phillips". Beide sind mit Tom Hanks in der Hauptrolle ideal besetzt, bauen trotz Überlänge eine Wahnsinns-Spannung auf und beruhen auf wahren Begebenheiten. 

Schauplatz des Spionagethrillers ist zunächst ein New Yorker Hotel in Brooklyn, wo Anfang der Sechzigerjahre der russische Spion Rudolf Iwanowitsch Abel vom FBI festgenommen wird. Der Formalität halber soll er von dem renommierten amerikanischen Anwalt James B. Donovan vertreten werden, doch die Öffentlichkeit rechnet sowieso fest mit der Todesstrafe. Donovan nimmt den Fall allerdings genauso ernst wie jeden anderen und besteht auf einen fairen Prozess. Hat ihn möglicherweise auch ein klein wenig Abels Geschichte von einem Freund seines Vaters beeindruckt, der sich in noch so hoffnungsloser Lage bis zum Schluss als standhafter Mann erwies? Der Anwalt entwickelt jedenfalls eine bemerkenswerte Hartnäckigkeit und kann Abel tatsächlich vor der Todesstrafe bewahren. Sein Argument: Abel könnte als Tauschobjekt noch von Nutzen sein. Mit dieser Vermutung liegt er richtig, denn als ein amerikanisches Flugzeug auf sowjetischem Boden abgeschossen und der Pilot Gary Powers verhaftet wird, soll Donovan in Ost-Berlin einen Geiseltausch verhandeln.

Komplexer wird die Geschichte, als Donovan in dem Zuge nicht nur den Piloten, sondern auch einen amerikanischen Wirtschaftsstudenten befreien will. Dabei wächst er immer mehr in die Rolle des Unterhändlers hinein, pokert hoch und setzt sogar sein Leben aufs Spiel. Der trockene Humor in den knappen Dialogen und die ästhetischen und kontrastreichen Bilder – zum Beispiel das karge Ost-Berlin in kalten Blau-Grautönen und das üppige amerikanische Frühstück in einem Nobelhotel – sorgen dafür, dass die 140 Spielminuten wie im Fluge vergehen. Hut ab vor Steven Spielberg, der wieder einmal eindrucksvoll einen historischen Stoff in Szene gesetzt hat, in dem Menschen nur als Marionetten für diplomatische Schachzüge und Machtspiele dienen und trotzdem durch Mut und Menschlichkeit ein Zeichen setzen können.

 
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