Aufständische Vagabundin

Es kommt vor, dass mich das Leben von berühmten Schriftstellern und Schriftstellerinnen interessiert, obwohl ich kein einziges Buch von ihnen gelesen habe. Colette zum Beispiel gehört dazu. Sie ist bekannt dafür, dass sie gegen gesellschaftliche Konventionen verstieß und für so manchen Skandal sorgte. Wie wandlungsfähig sie war, erfuhr ich aber erst durch eine interessante Doku auf arte.
Sie hatte eine glückliche Kindheit in Burgund, war naturverbunden und stand ihrer Mutter sehr nahe. Die Misswirtschaft des Vaters führte die Familie jedoch in den finanziellen Ruin und beendete die sorglose Zeit. Ab da strebte Colette nur noch eines an: die finanzielle Unabhängigkeit und Freiheit.
Mit 20 zog sie nach Paris und heiratete einen Journalisten, der sie kurze Zeit später betrog. Ihr Leben war ein ständiger Wechsel zwischen Euphorie, Enttäuschungen und Desillusionierungen. Immer wieder gewann sie jedoch ihre Lebensfreude zurück, verkehrte in der mondänen Oberschicht und in der Welt von Kurtisanen und Kokotten, lernte Künstler wie Paul Valéry, Claude Debussy und Marcel Proust kennen, trat im Varieté auf, arbeitete als Journalistin und eröffnete sogar einen Schönheitssalon.
Und natürlich schrieb sie – unter anderem die bekannten Claudine-Romane. Mit „La Vagabonde“ wurde sie zur anerkannten Schriftstellerin und gilt als Vorreitern der Autofiktion. Es heißt, dass sie durch ihre Romanfiguren ein freieres Leben führen wollte. Wenn man ihre Biografie und das ihrer Figuren zusammennimmt, kommt eine ganz schön eindrucksvolle Bandbreite an Lebensentwürfen zusammen! Interessant an dieser Doku ist nicht nur Colettes Porträt, sondern auch die Reaktionen auf ihre kühnen Aktionen, die viel über den Zeitgeist aussagen. Die Sendung ist noch bis morgen in der arte Mediathek zu sehen. Am 10 Mai erscheint zudem das Filmporträt "Colette" mit Keira Knightley auf DVD, auf das ich auch schon sehr gespannt bin.