Täter. Opfer. Erlöser.

Menschen, die einen schlechten Einfluss auf einen haben, sollte man besser aus dem Weg gehen. Das war Jamie Burns in der Serie „The Sinner“ 20 Jahre lang gelungen. Bis er seinen College-Freund Nick kontaktiert, weil sich sein Leben bedeutungslos anfühlt – und das, obwohl er kurz davor ist, Vater zu werden.
Es passiert selten, dass mich eine Serie derart aufwühlt und bis in den Schlaf verfolgt. Schon die ersten zwei Staffeln empfand ich als etwas Besonderes, doch die dritte Staffel toppt alle beide. Sie vereint so viele Themen, die mich faszinieren, zum Beispiel der schmale Grat zwischen Gut und Böse, zwischen Täter und Opfer, zwischen Leben und Tod. Die Versuchung, eine Sünde zu begehen, schlummert in jedem Menschen, und bahnt sich seinen Weg in unterschiedlicher Ausprägung. Wer wie Jamie empfänglich dafür ist, Grenzen zu überschreiten, wird zur Gefahr aller Mitmenschen. Dabei sieht er sich selbst als Opfer, infiziert durch Nick, der das Schicksal anderer Menschen einem Himmel und Hölle Spiel überlässt.
Man könnte Jamie einfach als völlig gaga abhaken, so wie es mein Freund tat, oder versuchen, ihn zu verstehen und in sein Innerstes zu schauen wie die Malerin Sonja oder Detective Harry, der eine Verbundenheit mit ihm fühlt, obwohl er ihn hinter Gitter bringen will. Alles passt in dieser Geschichte: die starken Figuren, ungewöhnliche Szenen, in denen Jäger und Gejagter wie Kumpels um die Häuser ziehen, Fragen über den Sinn des Lebens und ein bewegendes Ende, an dem sich der Kreis schließt.
Matt Bomer, der mir aus der Serie „White Collar“ als gut aussehender gewiefter Betrüger in Erinnerung geblieben ist, zieht hier alle Register seines schauspielerischen Könnens.