Ein Leben in 769 Bildern

"Leben? oder Theater?" So hieß eines der bedeutendsten Werke der Malerin Charlotte Salomon und steht zur Zeit im Mittelpunkt des Münchner Lenbachhauses. Das erste Mal las ich über das „Singespiel“ in der 2014 erschienenen Romanbiografie „Charlotte“ von David Foenkinos und war tief bewegt vom Schicksal der in Berlin geborenen und in Ausschwitz ermordeten Künstlerin.
Ungewöhnlich ist vor allem die experimentelle Form dieses gemalten Theaterstücks, das zwischen 1940 und 1942 im französischen Exil entstanden ist. In 769 Gouachen, die jeweils kaum größer sind als ein A4-Blatt, hat Charlotte Salomon unterschiedlichste Lebenssituationen festgehalten, von ihrer Geburt in einem großbürgerlichen jüdischen Elternhaus in Berlin über ihre Beziehung zu ihrer Stiefmutter, einer begehrten Sängerin, und dem Gesangspädagogen Alfred Wolfsohn bis hin zu den politischen Entwicklungen, vor allem die zunehmende Bedrohung durch die Nationalsozialisten.
Wir sehen die Künstlerin mal heiter und verträumt, mal einsam, traurig und verzweifelt. Manch schwebende Figur erinnerte mich an die Bilder Chagalls. Man sollte sich viel Zeit nehmen, denn die Bilder enthalten eine Menge Texte und musikalische Notizen. Auch auf den Wimmelbildern gibt es interessante Details zu entdecken. Die sehenswerte Ausstellung läuft noch bis zum 10. September.