Wiener Salonkultur

Literarische Salons über seit jeher eine Faszination auf mich aus. In dem kleinen, aber feinen Büchlein „Ich liebe unendlich Gesellschaft“ konnte ich vor ein paar Jahren Einblick in das Leben der Berliner Salonnière Rahel Varnhagen bekommen. Nun hatte ich die Gelegenheit, etwas über die Salonkultur in Wien zu erfahren – dank der Doku „Wiener Netzwerke – Die Macht der Salons“ von Patrice Fuchs.
Es werden eine Reihe von engagierten bürgerlichen Frauen vorgestellt, die ihre Wohnzimmer für Schriftsteller, Musiker, Politiker und Journalisten öffneten. Neben intellektuellen Gesprächen gab es auch Klatsch und Tratsch. Was mich erstaunte: Es war sogar üblich, dass die Salonnières von ihrem Bett aus die Gäste in ihrem Schlafzimmer empfingen!
Sehr beeindruckt hat mich Berta Zuckerkandl, die vom Ende des 19. Jahrhunderts bis 1938 einen literarischen Salon in Wien führte, wo namhafte Persönlichkeiten wie Gustav Klimt, Arthur Schnitzer oder Johann Strauss verkehrten. Sie engagierte sich auch für die Secession, die Wiener Werkstätten und war Mitbegründerin der Salzburger Festspiele. Die Berlinerin Fanny von Arnstein stand im Austausch mit den Berliner Salons und brachte nicht nur die Ideen der Berliner Aufklärung, sondern auch weitere Tradition mit nach Wien: Sie war die erste, die 1814 einen Weihnachtsbaum in Wien aufstellte.
Man sieht: Soziale Netzwerke sind keine Erfindung der Gegenwart. Schon damals taten sich Gleichgesinnte zusammen und tauschten sich aus, eben nur nicht digital, sondern im Salon. Der Film ist noch bis zum 26.2. in der 3sat-Mediathek verfügbar.