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Erst Härtetest, dann Befreiungsschlag

2025-03-20
Tirol
Erst Härtetest, dann Befreiungsschlag

Wild wuchern“ von Katharina Köller ist ein Roman, der einen schon auf den ersten Seiten packt. Die Ich-Erzählerin Marie kämpft sich unter widrigen Bedingungen einen Berghang hoch. Sie sucht Zuflucht bei ihrer Cousine Johanna, die allein auf einer Tiroler Berghütte lebt. Man will dringend wissen, wovor sie wegrennt und wie Johanna auf den unerwarteten Gast reagieren wird. 

Schließlich hatten beide keinen Kontakt mehr, seitdem sie als Kinder einige Sommer gemeinsam auf der Alm verbracht haben. Die verwöhnte Wienerin und die Eremitin finden jedoch nur schwer zueinander – wie auch, wenn Johanna lieber in Gesellschaft von Eulen, Mäusen und Schlangen ist statt von Menschen. So sind die Szenen, in denen sich die beiden bei kräftezehrenden Arbeiten anschweigen, aufgeladen durch Unausgesprochenes und Unverständnis gegenüber der Anderen.

Ich finde es dramaturgisch sehr gelungen, wie die Autorin den Heldinnen eine Bühne bietet, um den von ihren Müttern künstlich auferlegten Wettbewerb zwischen ihnen zu verarbeiten, Geheimnisse zu lüften und sich wieder anzunähern. Dabei kommt auch die Situationskomik nicht zu kurz. Sowohl die um Anerkennung bemühte Marie als auch die autarke Johanna und ihre gegensätzlichen Lebensentwürfe regen dazu an, das Verständnis von „Normalität“ zu hinterfragen.

 
Selbstfindung