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Ist Nietzsche zu helfen?

2014-06-28
Wien
Ist Nietzsche zu helfen?

Am 22. Oktober 2002 startete mit einem Galaabend im Wiener Rathaus die Gratisbuch-Aktion "Eine Stadt. Ein Buch". Initiiert wurde sie vom Echo Medienhaus mit dem Ziel, das Lesen populär und allen zugänglich zu machen. Jedes Jahr werden literarische Werke von bekannten Größen wie John Irving oder Nick Hornby ausgewählt und gratis in der Stadt verteilt. So kamen die Wiener 2009 in den Genuss des Romans "Und Nietzsche weinte" von Irvin D. Salom, der ihnen in unterhaltsamer Weise die Psychoanalyse näher bringt. 

Schauplatz ist Wien im Jahr 1882. Die junge Russin Lou Andreas Salomé drängt den jüdischen Arzt Josef Breuer, ihrem Gefährten Nietzsche zu helfen, der selbstmordgefährdet sei. Breuer willigt ein und unterzieht den Philosophen einer Gesprächstherapie – damals noch eine völlig neuartige Behandlungsmethode. Doch bald weiß man nicht mehr, wer hier wen therapiert. Durch die regelmäßigen philosophischen Gespräche gerät der Arzt seinerseits immer mehr in die Rolle des Patienten und legt sein Gefühlsleben offen dar, mit dem Wunsch, sich heilen zu lassen.

Die fiktiven Gepräche zwischen Nietzsche und Breuer über Obsessionen, Glauben, Freiheit und Psychologie sind wahnsinnig spannend und lassen die Figuren lebendig werden. Nebenbei erfährt man viel Interessantes über das Wien am Ende des 19. Jahrhunderts und über die Anfänge der Psychoanalyse. Irvin David Yalom, selbst Psychoanalytiker, initiierte eigene Therapiegruppen für Todkranke und schrieb neben vielen lesenswerten Romanen wie "Die rote Couch" oder "Die Schopenhauer-Kur" auch zahlreiche Lehrbücher.

 
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