Schwere Gewissensprüfung

Selbst eingefleischte Krimifans haben eine harte Nuss zu knacken in dem Film "Prisoners" von Denis Villeneuve. Es geht um zwei Familien, die in der Kleinstadt Cordyal in Pennsylvania Thanksgiving feiern und deren jüngste Töchter entführt werden. Zuerst dachte ich, der Film bedient sich wieder mal einer altbekannten Masche: Kind wird entführt, Vater rastet aus und nimmt das Gesetz selbst in die Hand. Doch die Geschichte entwickelt sich weitaus raffinierter und wirft immer mehr Rätsel auf.
Wie weit tritt das Böse im Menschen zutage, wenn es darum geht, sein eigenes Kind zu retten? Wozu ist er fähig, wenn er den Glauben an Gott und eine gerecht Welt verliert? Die Antworten führt uns Hugh Jackman alias Keller Dover auf beängstigende Weise vor Augen. Er schreckt nicht einmal davor zurück, einen Verdächtigen selbst einzusperren und ihn zu foltern. Auch sein Gegenpart, der ruhige und in sich gekehrte Detective Loki, gespielt von Jake Gyllenhaal, macht sichtlich eine Veränderung durch. Der Fall zermürbt ihn und lässt ihn immer häufiger seine Beherrschung verlieren.
Die hervorragende Kameraführung steigert die Spannung und zieht den Zuschauer immer stärker in den Bann. Die trostlose Kleinstadt, die düstere Optik – in diesem Cordyal regnet es unentwegt –, die verzweifelten Familien und der Einblick in menschliche Abgründe wirken beklemmend und ließen mich ziemlich verstört zurück.