Urlaubsverstimmungen

Wie schaffen es die Franzosen nur, so starke Emotionen zu wecken ohne sentimental oder gar kitschig zu werden? In der französischen Tragikomödie „Kleine wahre Lügen“ erlebt man jedenfalls eine Achterbahn der Gefühle – von leicht beschwingt bis todtraurig in allen erdenklichen Facetten.
Max, ein erfolgreicher Restaurantbesitzer, fährt jedes Jahr mit einer Gruppe von Freunden in sein Strandhaus am Cap Ferret an der Atlantikküste. Diesmal wird der Urlaub dadurch getrübt, dass ihr Freund Ludo wegen eines schweren Verkehrsunfalls nicht mitfahren kann.
Doch wie stehen eigentlich die übrigen Freunde zueinander? Kann man überhaupt von Freundschaft sprechen, wenn sie so viele Dinge voreinander verheimlichen? Im Laufe der Handlung bricht die Fassade bei jedem Einzelnen Stück für Stück, so dass trotz der Überlänge die Spannung eher steigt.
Für viel Humor sorgt Max, der sich als Hausherr aufspielt und ständig etwas zu mäkeln hat. François Cluzet spielt die Figur erstklassig – für mich ist er so was wie der zweite Daniel Auteil. Schmunzeln muss man auch über Antoine, der den anderen mit seinem Liebeskummer und seiner SMS-Schreiberei auf die Nerven geht wie ein unglücklich verliebter Teenager.
"Kleine wahre Lügen" ist wunderbares Erzählkino, das in der Heimat große Erfolge feierte, hierzulande aber eher unterging. Am Ende versteht man, warum der Film im Original „Les petits mouchoirs“ (Die kleinen Taschentücher) heißt. Ich habe jedenfalls eins gebraucht.