Wenn Bühne und Leinwand verschmelzen

Molière lebte zur Zeit der absolutistischen Herrschaft Ludwigs XIV. und musste seine Gesellschaftskritik in lustige Komödien verpacken. „Der Menschenfeind“ ist ein typisches Beispiel dafür, wie der meist gespielte Komödiendichter menschliche Schwächen, Heuchelei und Standesdünkel verspottete.
Der französische Film „Molière auf dem Fahrrad“ schafft etwas ganz Einzigartiges: Er schafft eine Symbiose zwischen einem klassischen Theaterstück aus dem 17. Jahrhundert und einem Kinofilm aus der Gegenwart.
Die Geschichte beginnt damit, dass Vincent seinen ehemaligen Schauspielerkollegen Serge aufsucht, der zurückgezogen auf der Insel Île de Ré nahe Bordeaux lebt. Vincent plant Molières Theaterstück 'Der Menschenfeind' zu inszenieren und will Serge für eine Rolle gewinnen. Beide sind allerdings scharf auf die Rolle des Misanthropen. Fünf Tage lang proben die beiden betagten Männer und liefern sich dabei verbale Duelle.
Sie gehen so in ihren Rollen auf, die ihnen wie auf den Leib geschnitten sind, dass Realität und Spiel verschmelzen. Serge, der wie Alceste in dem Stück, zu allem eine vorgefertigte Meinung hat und seine Mitmenschen verachtet, und Vincent, der ähnlich wie Philinte zu Kompromissen bereit ist (was seine aktuelle Hauptrolle in einer erfolgreichen Arztserie bestätigt), geraten sich ständig in die Haare.
Zwischen den Proben begleitet man die beiden auf ihren Radausflügen und taucht ein in die rauhe Landschaft der Insel. Die temperamentvolle Italienerin Francesca und eine junge ambitionierte Pornodarstellerin bringen weitere interessante Nuancen in diese ausgezeichnete Tragikomödie mit hervorragenden Darstellern, allen voran Fabrice Luchini.