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Geballte Jugendstil-Architektur

2014-10-21
München
Geballte Jugendstil-Architektur

"Jugendstil heißen die Stühle, auf denen man nicht sitzen, Schränke, in die man nichts hineintun, Gläser, aus denen man nicht trinken, Löffel, mit denen man nicht essen kann. Es ist zum aus der Haut zu fahren", soll der deutsche Dichter Hanns von Gumppenberg einmal gesagt haben. Da ist was Wahres dran, doch die wunderschöne Optik macht alle Nachteile wieder wett.

Nirgends in München findet man Jugendstil-Architektur in so geballter Form wie in Schwabing, stellte ich kürzlich fest. So wie ich in Manhatten vor jedem Skyscraper Halt machte, blieb auf meiner Erkundungstour zwischen Martiusstraße und Elisabethblatz der Blick immer wieder an den grandiosen Häuserfassaden hängen. Ein Gebäude, das mir wegen der farbenprächtigen Details besonderes gefiel, war die Pfauenapotheke am Leopoldpark. Im Schweifgiebel ist ein Pfauenpaar zu sehen, darunter ein Schlangenpaar, eine Jagdszene und ein gebändertes Früchteband. 

Ein Tag später fiel mir in einem Museumsshop das Buch "Jugendstil in München" in die Hände. Als ich es aufschlug, war auf der ersten Doppelseite just das Pfauenhaus abgebildet. Was für ein Zufall. Ich entdeckte noch mehr Beschreibungen von Jugendstilhäusern, die ich am Tag zuvor ausgiebig fotografiert hatte. Wer sich für die Stilrichtung interessiert, kann in dem reich bebilderten Buch interessante Hintergründe über die Architekten und die damalige Zeit erfahren. 

So konnte ich nachlesen, dass die Pfauenapotheke 1904 von dem Ungar Ferenc Nyilas im Stil der Wiener Schule gebaut wurde. Die Farben leuchten deshalb so intensiv, weil witterungsbeständige Mineralfarben verwendet wurden, wie sie erst seit 1878 gebräuchlich sind. Geht man weiter die Friedrichstraße entlang, stößt man auf Häuser mit großflächigen Fassadendekorationen, in denen Anfang des 20. Jahrhunderts Maler und Schriftsteller wie Wassily Kandinsky, Franz Marc, Rainer Maria Rilke und Thomas Mann wohnten. Ich versetzte mich in die Zeit zurück, in der die Schwabinger Bohème in der aufstrebenden Literatur- und Verlagsstadt München Kunst und Kultur schuf und Zeitschriften wie Simplicissimus und PAN herausgab.

Noch mehr Jugendstil-Juwele sind in der Martius-, Franz-Joseph-, Nikolai, Gedon- und Ohmstraße zu finden – und natürlich in anderen Stadtteilen, die ich nun dank des erworbenen Büchleins genauer studieren kann.

 
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