Unvollendet und meistbesucht

Es ist schon bemerkenswert, dass ein unvollendetes Bauwerk Massen von Touristen anziehen und zugleich die Menschen derart polarisieren kann. Die Rede ist von der Sagrada Família in Barcelona, Spaniens meistbesuchtem Monument. 1882 wurde der Bau der Basilika nach den Plänen von Antoni Gaudí begonnen. Nach aktueller Planung soll sie 2026, zum 100. Todestag des Architekten, fertig gestellt sein.
Seit den 1950 er Jahren gab es immer wieder Proteste gegen die Fortführung des Baus. Zuletzt forderte 2008 eine größere Gruppe von Intellektuellen den Baustopp. Andere befürworten die Fertigstellung, um die Vorstellungen Gaudís zu seinem bedeutendsten Projekt zu vollenden.
Fest steht: Die Vermarktung zu touristischen Zwecken nimmt im wörtlichen Sinne immer größere Dimensionen an. Bäckereien und Fischhändler rund um den Platz mussten bereits Souvenirgeschäften und Schnellrestaurants weichen. Nun soll der Platz auch noch vergrößert werden – sehr zum Unmut der Anwohner.
Kein Wunder: Drei Millionen Menschen bevölkern angeblich jedes Jahr die Plaza Sagrada Família. Auch ich stand einmal dort und konnte den Blick von der Dreierfassade mit den kunstvoll herausgearbeiteten menschlichen Figuren kaum abwenden. Die Anwohner der Theresienwiese müssen den Touristenansturm nur zwei Wochen lang ertragen, die Barcelonesen dagegen das ganze Jahr.
Mehr über das umstrittene Monument und Gaudís Konstruktions-Code kann man heute in einer Dokumentation erfahren, die um 21:05 Uhr auf Arte läuft.