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Die Eiskönigin von Amerika

2015-05-01
New York
Die Eiskönigin von Amerika

Das Wetter weckt noch keine rechte Lust auf Eis, aber der Roman "The Ice Queen of Orchard Street" ("Die Königin der Orchard Street") von Susan Jane Gilman durchaus. Er handelt von Malka Treynovsky, die 1913 als kleines Mädchen mit ihrer Familie von Russland nach Amerika geht und auf ein besseres Leben hofft. Im Einwandererviertel auf der Lower East Side von New York lebt sie zunächst in bitterster Armut. Als Malka von einem Pferdewagen überfahren und schwer verletzt wird, nimmt sie der Fahrer und Eishersteller Papa Dinello in seine Obhut und verändert damit ihr Leben. Von ihm lernt Malka das Handwerk der Eiscreme-Herstellung von der Pike, baut ein Imperium auf und wird zu Lilian Dunkle, der Eiskönigin Amerikas. 

Die Leidenschaft für Eiscreme prägt ihr Leben. Die Stimme ihres Lieblinssängers Johnny Cash ist für sie wie kochendes 'Hot Fudge', eine brodelnde Karamell- und Schokosoße. Als sie ihren Ehemann Bert kennenlernt, plant sie ihre Schwangerschaft außerhalb der Eis-Hauptsaison. Sie denkt sich laufend neue Sorten aus, experimentiert mit Zutaten wie Pistazien, Zimt, Maronenpüree, gehackten Kirschen oder Marsalawein und versucht, die Konsistenz zu optimieren. Bei den Beschreibungen läuft einem förmlich das Wasser im Mund zusammen. 

Malka ist eine zwiespältige Figur. Mal zeigt sie ihre kindliche und leidenschaftliche Seite als Ehefrau, die ihren Mann vergöttert, dann wieder tritt sie als skrupellose Geschäftsfrau auf, die vor keinem Mittel zurückschreckt, um ihr Unternehmen zu retten. Zu Beginn verfolgt man mit großem Vergnügen ihren Fleiß und ihren Erfindungsreichtum. In der zweiten Hälfte des Romans wird die Story allerdings etwas langatmig.

Immerhin erfährt man nebenbei viel Interessantes über die Anfänge und Entwicklung von Eiscreme sowie das Leben der Einwanderer. Die Orchard Street in New York war seit Mitte des 19. Jahrhunderts der Anlaufpunkt für Einwanderer, darunter unzählige jüdische Familien. Dort befindet sich heute das Tenement Museum, in dem man mehr über die Lebenssituation der Einwanderer zu Beginn des 20. Jahrhunderts und die Vermischung der unterschiedlichen Kulturen und Länderküchen erfahren kann.

 
Selbstfindung, Zeitreise