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Die Hoffnung stirbt zuletzt

2015-06-11
Stockholm
Die Hoffnung stirbt zuletzt

Selten wurden die Höllenqualen einer einseitigen Liebe so treffend und bewegend geschildert wie in dem Roman „Widerrechtliche Inbesitznahme“ von Lena Andersson.

Der Titel bringt die Handlung auf den Punkt und kann doppeldeutig verstanden werden: Die Protagonistin Ester wird so stark von ihren Gefühlen zu einem Mann in Beschlag genommen, dass sie ihrerseits von ihm Besitz ergreift. All das ahnt Ester noch nicht, als sie einen Vortrag über den erfolgreichen Künstler Hugo Rask vorbereitet und sich schon vor der persönlichen Begegnung in ihn verliebt.

Die Figur der Ester war mir auf Anhieb sympathisch. Mir imponierte ihr Lebenskonzept, als Dichterin und Essayistin ihre Zeit hauptsächlich damit zu verbringen, zu lesen, zu denken, zu schreiben und Gespräche zu führen. Ihre Sensibilität gegenüber der Sprache wird ihr jedoch zum Verhängnis, als sie versucht, Hugo Rask an sich zu binden: Jede Bemerkung, jedes Wort des Begehrten wird wie ein Insekt seziert, analysiert und gedeutet.

Manchmal wunderte ich mich, dass eine so kluge Frau wie Ester nicht souveräner mit der Situation umgehen kann. Aber selbst Intellektuelle, die sich philosophisch und psychologisch mit dem Thema Liebe auseinandersetzen sind vor ihren eigenen Gefühlen und dummen Handlungen nicht gefeit. Wer schon einmal unglücklich verliebt war, weiß wie weit die Selbsterniedrigung gehen kann, um nur ein Fünkchen Zuneigung zu erhaschen und seine Sehnsucht zu stillen.

Die schwedische Autorin Lena Andersson beschreibt die ganze Bandbreite von ekstatischen, absurden und ernüchternden Momenten in ihrer ganz eigenen poetischen und unverbrauchten Sprache auf literarisch sehr hohem Niveau.