Zartbittere Romanze

Wer nach den Feiertagen immer noch nicht genug hat von Süßem (gerade muss ich an die köstlichen Pralinen von Fassbender & Rausch in Berlin denken), kann in dem Film „Die anonymen Romantiker“ (Originaltitel: „Les émotifs anonymes“) weiterschwelgen. Darin geht es um zwei schüchterne Schokoliebhaber, die nach langem Hin und Her endlich zueinander finden.
Angélique, begabteste Pralinen-Designerin in ganz Frankreich, tritt als Vertriebskraft in Jean-Renés Pralinenmanufaktur ein, die vom Bankrott bedroht ist. Die beiden teilen nicht nur ihr Faible für Schokolade, sondern leiden unter Hochempfindsamkeit und sind deswegen in Therapie. Angélique besucht eine Selbsthilfegruppe, während Jean-Pierre durch Einzelsitzungen versucht, seine Schüchternheit zu überwinden. Das verliebte Paar verabredet sich zu romantischen Dates, die jedoch völlig anders verlaufen, als wir es gewohnt sind. Bei einem Abendessen muss der schweißgebadete Jean-René mehrmals sein Hemd wechseln, während Angélique dazu neigt, bei der kleinsten Aufregung mitten im Gespräch in Ohnmacht zu fallen.
Ich wusste bisher wenig über hochsensible Menschen und konnte dank Jean-Pierre Améris Film sehr viel über ihr Leiden erfahren. Sie zeigen extreme Gefühlsreaktionen und sind voller Wünsche, die sie nicht ausleben können. Schon der einfachste soziale Umgang fällt ihnen schwer. Der Regisseur ist selbst betroffen und weiß, wovon er spricht. Während seiner langen Sitzungen bei den Anonymen Hochsensiblen konnte er viele Fakten und Details sammeln, bis er schließlich in der Lage war, einen Film über die Thematik zu drehen. In einem Interview sagte er einmal, dass er das Filmdrehen braucht, um auf Menschen zuzugehen. Das Drehbuch schrieb er mit seinem Co-Autor Philippe Blasband in einer Konditorei in Brüssel.