Hommage an einen Journalisten

Ich besuchte kürzlich eine Freundin, in deren Altbauwohnung ich mich sehr gern aufhalte, weil sie einer kleinen Bibliothek ähnelt. In ihren Schmökerecken werde ich immer wieder fündig, so auch diesmal: ich lieh mir das Buch „Erklärt Pereira“ von Antonio Tabucchi aus, das mir bei Amazon wegen der guten Rezensionen aufgefallen und auf meine Leseliste gelandet war.
Schauplatz der Geschichte ist Lissabon im Sommer 1938 zur Zeit der Salazar-Diktatur. Die Hauptfigur Pereira, ein Kulturredakteur der Abendzeitung Lisboa, möchte in seinem Leben nichts anderes als seiner Arbeit nachgehen und in seinem Stammcafé Orquídea Omelette essen und gezuckerte Limonade trinken.
Die Entscheidung, Monteiro Rossi als freien Mitarbeiter einzustellen, der sich als Widerstandskämpfer entpuppt, verändert sein Leben grundlegend. Rossi und seine Flamme Marta, die Pereira als zwei arme Romantiker ohne Zukunft bezeichnet, aber auch die Gespräche mit seinem Arzt hinterlassen deutliche Spuren bei ihm. Bezeichnend für seine zunehmende Verunsicherung fand ich folgende Passage:
„Pereira blickte aus dem Fenster und seufzte. Sie waren in der Nähe von Vila Franca, man sah bereits den langen, gewundenen Lauf des Tejo. Es war schön, dieses kleine, vom Meer umspülte und vom Klima begünstigte Portugal, aber es war alles so schwierig, dachte Pereira.“
Bei der Beschreibung seiner Bahnreisen musste ich an eine Begegnung während eines Urlaubs in Lissabon denken. In einer Straßenbahn kam ich mit einem älteren Portugiesen ins Gespräch, der auf die Gemeinsamkeiten der japanischen und portugiesischen Sprache hinwies. Er hatte recht – portugiesische Missionare haben Wörter wie iesu (Jesus) und kirisuto (Christ) nach Japan gebracht. Doch zurück zum Roman.
Ich konnte mich stellenweise gut in Pereira hineinversetzen, der sich statt mit Politik viel lieber mit französischer Literatur beschäftigt. Überrascht war ich, dass ich einige Déjà-Vus erlebte. Pereira wird zum Beispiel durch seinen Arzt mit der Theorie vom Bündnis der Seelen konfrontiert. Sie besagt, dass es ein hegemonisches Ich gibt, das stärker als das Ego hervortreten kann. Ähnliches – nur anders formuliert – hatte ich auch bei Shakti Gawain und Susan Jeffers gelesen.
Mit Spannung verfolgt man den subtilen Wandel Pereiras, der am Ende Stellung bezieht und durch seine Tat Mut und Zivilcourage beweist. Zu Recht wurde der in eine Zeugenaussage verpackte und wunderbar geschriebene antifaschistische Roman mit dem Premio Viareggio ausgezeichnet.