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Butch und Sundance

2016-02-27
Nordengland
Butch und Sundance

Eliteschulen stelle ich mir als eine abgekapselte Welt vor, in der eigene Gesetze herrschen und man sich durch Beziehungen und Bewährungsproben seinen Platz erkämpfen muss. Nicht anders ist es in St. Oswald's, Schauplatz in dem Roman „Gentlemen and Players“ von Joanne Harris. Ich bekam das Buch, das im Jahr 2005 erschienen ist, vor kurzem von einer begeisterten Leserin geschenkt. 

Durch Harris’ brillanten Erzählstil wird man von der ersten Seite an in das Machtgefüge von St. Oswald’s und in die Unheil verheißenden Geschehnisse hineingezogen. Man erlebt sie abwechselnd aus der Perspektive von dem 12-jährigen Snyde, Sohn des Hausmeisters, der sich mit gestohlenen Schuluniformen als ‚Julien Pinchbeck’ in die Privatschule eingeschlichen hat und ein Doppelleben führt, und Ron Straitley, einem Lateinlehrer im Pensionsalter. 

Schnell zeichnet sich ein klares Bild der Schüler und unterschiedlichen Lehrer ab mit ihren individuellen Macken und ihrer schwierigen Aufgabe, die Jungs zu Gentlemen auszubilden. Besonders gelungen finde ich jedoch Juliens Charakterstudie. Sein ambivalentes Verhältnis zu St. Oswalds, das durch Hass, Wut, Bewunderung und der Sehnsucht geprägt ist, dazuzugehören, lassen sich ebenso gut nachfühlen wie seine Besessenheit von seinem Kumpel und Vorbild Leon. Die beiden kommen sich vor wie Butch und Sundance und treiben ihr Unwesen auf dem Campus. Jahre später beginnt Julien einen grausamen und folgenschweren Rachefeldzug gegen die Schule. Durch anschauliche Metaphern wird die Location selbst als ein lebendiges gnadenloses Wesen dargestellt.

In starkem Kontrast zu der bekannten romantischen Geschichte „Chocolat“ ist Joanne Harris ein Thriller gelungen, der auf einen überraschenden Höhepunkt zusteuert und seine Spannung vor allem aus seiner psychologischen Raffinesse bezieht.