Abendprogramm auf japanisch

Mit dem Fire TV-Gerät tun sich ständig neue Nutzungsmöglichkeiten auf: erst das Videoangebot von Amazon Prime, dann die Apps für TV Mediatheken. Mein neuester Fund sind japanische Serien, ‚Dorama’ genannt, die ich von YouTube mittels Airplay auf den Fernseher übertragen kann.
Wenn ich schon nie die Gelegenheit hatte, längere Zeit in Japan zu leben, kann ich wenigstens auf die Weise in das Office- und Freizeitleben dort hineinschnuppern und sehen, was die Japaner in ihrem Alltag so beschäftigt. Zwei in Japan sehr erfolgreiche Serien haben mir besonders gut gefallen.
Fangen wir mit der tragischen an: „A beautiful life“ aus dem Jahr 2000, die damals in Japan eine Einschaltquote von knapp 38 % erreichte, erzählt von der Bibliothekarin Kyoko im Rollstuhl, die sich in den Haarstylisten Shuji verliebt. Man könnte die Handlung als rührselige Romanze abtun, aber mich hat sie sehr berührt, weil sie auf sensible und vielschichtige Weise vermittelt, was ein Handicap für eine Beziehung bedeuten kann. Die Chemie zwischen den glänzenden Hauptdarstellern Takuya Kimura und Takako Tokiwa stimmt perfekt. Ihre Liebe wird durch banale praktische Aspekte im Alltag und die Sorgen um eine gemeinsame Zukunft auf die Probe gestellt. Kyokos konservatives Elternhaus steht im starken Kontrast zur jungen hippen Szene, in der Shuji verkehrt.
Weitaus heiterer ist die Serie „Long Vacation“, die in Tokio spielt – vor allem wegen der schrägen Darstellerin Tomoko Yamaguchi. Sie schlüpft in die Rolle der 31-jährigen Minami, die von ihrem Bräutigam kurz vor der Hochzeitszeremonie sitzen gelassen wurde. Auf der Suche nach einer Bleibe nistet sie sich bei dessen ehemaligem Zimmergenossen Sena ein. Die temperamentvolle Minami, die kein Blatt vor den Mund nimmt, und der introvertierte Möchte-Gern-Pianist Sena bilden ein explosives Gespann, dass mitunter die Fetzen fliegen. Die Story rutscht dabei nie ins Seichte ab und hat besonders dann ihre Momente, wenn die Protagonisten versuchen, Enttäuschungen zu verarbeiten, sich von Konventionen und Abhängigkeiten zu befreien, um ihre wahren Lebensträume zu verfolgen.
Das 4:3 Format wirft einen zwar technologisch zurück, doch die Qualität ist erstaunlich gut. Japanisch-Kenntnisse sind nicht unbedingt erforderlich, denn die Serien sind mit englischen Untertiteln versehen.