Am Rande des Irrsinns
Kann eine Serie ohne die Hauptfigur weitergehen? Ja, sie kann, wie die US-Serie „Homeland“ beweist. Am Ende der dritten Staffel ließ Drehbuchautor Alex Gansa den Protagonisten Nicholas Brody, gespielt von Damian Lewis, erhängen. Der Marine, der in Afghanistan nach acht Jahren Gefangenschaft befreit wurde und als vermeintlicher Kriegsheld zurückkehrte, entpuppte sich nämlich als Terrorist, der zum Feind übergelaufen war.
Erkannt hatte dies einzig und allein Carrie, eine bipolare CIA-Agentin, die ständig Gefahren wittert und das mit einer unglaublichen Treffsicherheit. Dass sie sich in Brody verliebte und ein Kind von ihm bekam, machte ihre Mission nicht gerade leichter. Doch was ist schon leicht in Carries Leben? Sie ist psychisch labil, leidet unter extremen Stimmungsschwankungen und putscht sich mit Medikamenten auf. Ihr irrer Blick kann einen noch tagelang verfolgen. Ihre variantenreiche Mimik, die in Sekundenschnelle ein strahlendes Lächeln in ein vor Wut und Verzweiflung verzerrtes Gesicht verwandelt, bringt wohl nur eine so einzigartige Schauspielerin wie Claire Danes zustande.
In der vierten Staffel übernahm sie die schwere Verantwortung, abzuwägen, wann und wie Ziele in Afghanistan angegriffen werden und die Collateralschäden dabei zu minimieren. Was ihr fatalerweise misslang und schwere Konsequenzen mit sich zog. In „Homeland“ passiert es nicht selten, dass man entsetzt ausruft „Das ist doch jetzt nicht wahr! Das können die doch echt nicht bringen?!“ Und ob sie können.
Aktuell ist auf Sat1 die fünfte Staffel zu sehen. Zum ersten Mal wurde dort gedreht, wo auch die Handlung spielt: in Berlin, und zwar an mehr als hundert verschiedenen Orten unter anderem in Potsdam, Nauen und Schönefeld. Als Kulisse dienten auch der Hauptbahnhof, das Rote Rathaus und das Kaffeehaus Grosz am Kurfürstendamm, was Erinnerungen an unsere Städtetour Anfang des Jahres weckt.
Ein Muster wiederholt sich auf markante Weise: Carrie will immer wieder aussteigen, doch dann passiert etwas Unfassbares und sie kann nicht anders, als der Sache nachzugehen. Gut so, denn die spannende Serie, die uns mit einem Cliffhanger nach dem anderen ködert, soll schließlich weitergehen.