Was ziehe ich heute an?

Kürzlich traf ich mich mit meiner Freundin zum Essen, und wir beschlossen, uns von allen Kleidungsstücken zu trennen, in denen wir uns nicht richtig wohlfühlen. Eigentlich doch völlig naheliegend: Wie sollen wir in einen schönen, vergnüglichen oder erfolgreichen Tag starten, wenn uns unser Outfit schon nicht ganz taugt?
Es ist erstaunlich, wie viele Studien schon zum Thema Kleidung und Psychologie geführt wurden, wie man in dem Buch „Mind What You Wear: The Psychology of Fashion“ von Karen Pine lesen kann. Von 2011 bis 2014 unterrichtete die Professorin Modepsychologie an der Istanbul Bilgi Universität. In einem Test forderte sie beispielsweise Studenten auf, ein Superman T-Shirt anzuziehen mit dem Effekt, dass sie ein besseres Selbstbild und größeres Selbstvertrauen hatten als zuvor. Ein anderes Ergebnis konnte ich dagegen nicht nachvollziehen: Zu Jeans greifen offenbar Frauen eher, wenn sie sich schlecht fühlen. Das trifft auf mich nicht unbedingt zu, da ich Jeans in jeder Tagesform gern trage.
Drückt unsere Kleidung unsere wahre Persönlichkeit aus? Inwiefern hat sie Einfluss darauf, was wir an dem Tag erleben? Wieweit hebt die Kleidung unsere Stimmung oder beeinflusst unser Denken? Mit diesen und ähnlichen Fragen beschäftigt sich die Modepsychologin, die auch das Programm „Wear Something Different“ ins Leben gerufen hat, mit dem Ziel, frischen Wind in seine Garderobe zu bringen und das Leben aus neuen Perspektiven zu betrachten. Mich interessierte vor allem der Aspekt, welche Rolle Farben, Materialien und Muster bei unserer Kleiderwahl spielen. Karen Pines Überlegungen und Forschungsergebnisse werden sicher auch bei den zahlreichen Modebloggern auf Interesse stoßen. Mittlerweile gibt es so viele verschiedene Formate wie zum Beispiel „Très Click – fashion just got fun“ – ein Magazin, das Mode, Beauty und Popkultur verbindet.
„Kleider machen Leute“ heißt es ja bekanntlich, und das bezieht sich nicht nur auf den Eindruck, den man auf andere macht, sondern auch auf sein eigenes Lebensgefühl. Könnte gut sein, dass ich mich an Karen Pines Empfehlungen erinnern werde, wenn ich morgens wieder vor dem Kleiderschrank stehe und mich frage „Was ziehe ich heute an?“