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Der Mann aus der Seine

2016-09-01
Paris
Der Mann aus der Seine

Der Roman „Das Leben ist ein listiger Kater“ von Marie-Sabine Roger erinnerte mich ein wenig an „The Universe versus Alex Woods“, den ich Euch vor ein paar Tagen vorstellte. Auch diese Geschichte beginnt mit einer mysteriösen Situation, die erst zum Schluss aufgeklärt wird und handelt von einem griesgrämigen Mann, der durch ein einschneidendes Erlebnis lernt, das Leben wieder zu schätzen. Die Begegnung mit einem Studenten entscheidet am Ende darüber, wie er seine verbleibende Lebenszeit verbringen will.

Doch fangen wir von vorne an: Jean-Pierre Fabre, ein 67-jähriger Witwer und Rentner, wurde von einem Studenten aus der Seine gefischt und landet im Krankenhaus. Bis seine Knochenbrüche verheilt sind, muss er mehrere Untersuchungen und Bewegungstherapie über sich ergehen lassen. Das allein wäre für den leidenden Nörgler Grund genug für seine permanent schlechte Laune. Hinzu kommt das miserable Krankenhausessen, nervendes Personal, lästige Besucher und ein Mädchen, das ständig seinen Laptop benutzen will. Auch sein Lebensretter Camille lässt sich blicken und versetzt ihm einen tiefen Schock, als er erzählt, dass er mit Gelegenheitsprostitution sein Studium finanziert.

Jeder, der längere Zeit im Krankenhaus verbringen musste, weiß, wie viel Zeit man auf einmal zum Nachdenken hat. Mir ging es jedenfalls vor zwei Jahren so. Jean-Pierre blickt auf sein Leben zurück und beschließt aus lauter Langeweile, seine Memoiren zu schreiben. Er erinnert sich an seine Jugendträume, die erste Liebe, seine verstorbene Frau Annie und seine außerehelichen Eskapaden. Im Wechsel beschreibt er seine Lebensgeschichte und den Klinikalltag und das mit so viel Sarkasmus, schrulligem Humor und Selbstironie, dass ich ständig schmunzeln musste.

Die verschiedenen Bekanntschaften, auf die der Witwer anfangs nur zu gern verzichtet hätte, öffnen ihm nach und nach das Herz und verändern seine Lebenseinstellung. Ähnlich wie in ihrem erfolgreichen Roman „Das Labyrinth der Wörter“ widmet sich Marie-Sabine Roger auch diesmal den Themen Freundschaft, Altern und gesellschaftlichen Problemen und bereitet den Lesern mit ihrem lebensbejahenden Roman höchst vergnügliche Lesestunden.