Ordnung im Herzen

Ordnung zu halten, fällt mir nicht schwer. Nur wenn ich mir unseren Keller ansehe, denke ich, da geht noch was in Sachen Entrümpeln. Dieser Teil der Wohnung löst seit jeher bei mir Unbehagen aus, weil es mich daran erinnert, wie oft ich meine Mutter in den Keller begleiten musste, um Sachen hin- und herzuräumen ohne sichtbarem Ergebnis. Das ist vielleicht auch der Grund, warum ich neugierig auf die KonMari-Methode wurde und den Bestseller „The Life-Changing Magic of Tidying“ der Japanerin Marie Kondo gelesen habe. „To kondo“ ist mittlerweile ein Synonym für „radikal aufräumen“.
Was die Autorin aus ihrer Kindheit erzählt, bringt die Augen jeder Mutter zum Glänzen. Schon in frühen Jahren hatte sie Freude am Aufräumen und Ordnungssystemen verschiedenster Art. Sie fand darin ihre Berufung und gibt heute als selbstständige Beraterin ‚Nachhilfe’ beim Entrümpeln und Ordnung halten. Einerseits stelle ich mir ihre Arbeit spannend vor: Wer bekommt schon einen so intimen Einblick in die Lebensgeschichte und Besitztümer anderer Menschen und entdeckt dabei Kuriositäten, dass es nie langweilig wird. Andererseits könnte es ermüden, sich ständig mit überflüssigem Krempel fremder Menschen zu beschäftigen und Überzeugungsarbeit zu leisten.
Ganz gefährlich ist das Wörtchen ‚Irgendwann’. Irgendwann könnte ich es brauchen. Irgendwann könnte ich es verschenken. Irgendwann werde ich das Buch lesen. Irgendwann werde ich die alten Klamotten wegwerfen. Meine Schwäche ist, zu viele Vorräte anzulegen, um auf die Bemerkung „Dieses und jenes ist aus“ blitzschnell mit „Haben wir noch im Lager“ zu kontern. Am liebsten wäre mir ein kleiner Supermarkt im Keller, der sich von allein auffüllt. Zum Glück geht mein Hortwahn nicht so weit wie bei einigen verrückten Kunden von Marie Kondo, die verschämt 60 Zahnbürsten, 20.000 Wattestäbchen oder 30 Schachteln Frischhaltefolie zu Tage förderten.
Einige Anregungen, die ich ganz hilfreich finde, sind die folgenden:
- Räume nicht nach Zimmern, sondern nach Kategorien auF
- Räume in einem Rutsch auf, statt dich Schritt für Schritt vorzuarbeiten
- Behalte nur, was dir Freude macht. Besitze nur, was du brauchst.
Den letzten Punkt könne man am besten umsetzen, wenn man jedes Teil tatsächlich in die Hand nimmt und erfühlt. So zeige eine aufgeräumte Wohnung, welche Dinge einem wirklich wichtig seien. Man lernt sich dadurch neu kennen, erinnert sich an verborgene Interessen und krempelt möglicherweise sogar sein Leben um. Auf jeden Fall stärke die KonMari-Methode die Fähigkeit der Entscheidungsfindung. Am meisten gefällt mir die Wertschätzung, die die Aufräumexpertin den Dingen entgegenbringt. Bei der Heimkehr begrüßt sie ihre Wohnung, leert täglich ihre Handtasche aus und bedankt sich bei ihren Dingen dafür, dass sie gute Dienste geleistet haben.