Schreibutensilien zum Verlieben

Ich gebe zu, ich zähle zu jener Spezies, die Bleistifte und Notizbücher sammeln wie andere Leute Uhren, Termine in Planer kritzeln und an keiner Papeterie vorbeigehen können ohne darin zu stöbern. Kein Wunder, dass mich das Buch „Schreibwaren – Die Rückkehr von Stift und Papier“ sofort angesprochen hat. Es ist nach verschiedenen Utensilien wie Bleistifte, Radierer, Spitzer und Notizbücher gegliedert und erläutert deren Ursprünge und kulturelle Entwicklung bis zur heutigen Zeit. Dabei erfährt man so manch interessante Fakten: zum Beispiel dass der Name des Unternehmens Sharp Electronics auf den 1915 entwickelten ersten mechanischen Bleistift namens Ever-Ready-Sharp-Pencil zurückzuführen ist. Das Buch öffnet auch den Blick für neue Betrachtungsweisen. So war der Bleistift für mich immer ein Symbol für skizzenhafte Notizen und Kreativität, da ich ihn nutze, um Gedanken und Ideen niederzuschreiben. Für Ingenieure und technische Zeichner dagegen steht der Bleistift für Maßarbeit und Präzision. Auch ein so schlichter Büroartikel wie die Büroklammer bietet eine riesige Bandbreite an Gestaltungsmöglichkeiten wie kreative Designer in Eindhoven beweisen.
Was diesen Band zu etwas ganz Besonderem macht, ist die Vorstellung ausgewählter Konzeptläden aus der ganzen Welt, die sich auf Schreibwaren spezialisiert haben. Die Gründer bzw. Geschäftsführer kommen selbst zu Wort und teilen mit uns ihre Philosophie, ihre Liebe zum Detail und ihre ganz persönlichen Lieblingsstücke. Der Inhaber von 'Choosing Keeping' in London wünscht sich, dass alltägliche Gebrauchsgüter als nationale Kultur-Ikonen angesehen werden und sieht einen Laden als ein Mini-Museum von Objekten. Solche Geschäfte sind auch Anlaufstelles für Requisiteure, die Gegenstände für historische Filme suchen. Die 'pencil lady' Caroline Weaver, Gründerin des Bleistift-Dorados 'CW Pencil Enterprise', vermittelt ihren Kunden Hintergrundwissen zu jedem einzelnen Bleistift. Die Ladeninhaber sind schon zu beneiden: Sie reisen viel, entdecken Marken- und Nischenprodukte, Vintage- und Design-Objekte in Japan, Italien, Prag oder Skandinavien und holen sich weltweit Inspirationen. Eine Stärke des Buchs ist auch, dass der Autor nicht nur in nostalgischen Erinnerungen schwelgt, sondern auch interessante Verbindungen von Alt und Modern zeigt wie zum Beispiel einen zweisprachigen Podcast über Stifte.
In diesem wunderschön gestalteten und reich bebilderten Band zu blättern ist ein wahrer optischer und haptischer Genuss. Am liebsten möchte man nach der Lektüre in den nächsten Schreibwarenladen rennen und sich eine eigene Sammlung schöner Stücke wie den legendären Radiergummi 'Pink Pearl' zulegen. Für alle, die ein Faible für Schreibutensilien, für formvollendetes Design und haptische Erlebnisse haben, ist dieses Buch ein Muss!