YukBook.me

Stories & Design

Randale im Aufsteigerviertel

2017-01-26
Nürnberg
Randale im Aufsteigerviertel

Als ich letztes Jahr in Brooklyn oder in Berliner Stadtteilen wie Neukölln unterwegs war, war mir gar nicht bewusst, dass es sich um typische Beispiele von Gentrifizierung handelt. Erst der Krimi „Tod Steine Scherben“ von Veit Bronnenmeyer machte mir deutlich, welche sozialen Auswirkungen die Aufwertung eines Stadtviertels haben kann. Als Außenstehender genießt man nur die hippe und kultige Atmosphäre eines boomenden Szeneviertels. 

Der fünfte Fall der Nürnberger Ermittler Albach und Müller spielt im Stadtteil Konradshof, jahrzehntelang Heimat von Arbeitern, Arbeitslosen, Künstlern und Ausländern. Seit einiger Zeit hat allerdings eine neue betuchtere Schicht Gefallen an dieser Wohngegend gefunden. Große Geldsummen werden investiert, um den alten Baubestand zu sanieren. Dies ruft viele Gegner auf den Plan wie die linken Aktivisten der Gruppe AFKO. Als einer von ihnen in einem Auto verbrennt, ist wieder einmal das Ermittlerduo gefragt.

Albach, der vorübergehend die Kommissariatsleitung übernehmen darf, will sich mit eigenen Augen ein Bild von dem Stadtviertel machen. Gemeinsam mit seiner Kollegin Sophie geht er auf Streife, um mit den Bewohnern von Konradshof ins Gespräch zu kommen. Sie erhoffen sich Hinweise von Linksalternativen, Obdachlosen, Eigenheimbesitzern und Bauarbeitern. Dadurch wird der Krimi auch zu einer interessanten, kritischen Milieustudie, die die Auswirkungen des sozialen Wandels aus verschiedenen Perspektiven unter die Lupe nimmt. Während auf Bürgerversammlungen heftig diskutiert und protestiert wird, finden im Rohbau sogenannte Fette-Miete-Parties statt. 

In dieser temporeichen Geschichte gibt Bronnenmeyer auch den einzelnen Figuren genügend Raum und Tiefe. So hat man Mitleid mit Renan, die genervt ist, weil sie ständig auf ihre unübersehbare Schwangerschaft angesprochen wird, obwohl sie so ungern über Privates spricht. Noch weniger gefällt ihr, dass sie zu ihrem Schutz zum Innendienst verdonnert wird. Der Fall wird unterdessen immer mysteriöser. Eine junge Frau, die seit ihrem missglückten Selbstmordversuch kein Wort mehr spricht und in einer psychiatrischen Klinik seltsame Zeichnungen anfertigt, scheint in dem Fall verwickelt zu sein. Und dann geschieht ein weiterer Mord. Soziale Spannungen, Profitgier und kriminelle Energie ergeben in diesem Krimi eine explosive Mischung, die bis zum Ende spannend bleibt und mit einem überraschenden Ende aufwartet.