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Schreibtipps vom Horrormeister

2017-06-28
Stratford
Schreibtipps vom Horrormeister

Seitdem ich den Film „Shining“ gesehen habe, war der Schriftsteller Stephen King für mich abgehakt. Nach diesem verstörenden Psychothriller fühlte ich mich außerstande, auch nur eine Romanseite von ihm zu lesen. Bis auf eine Ausnahme: „On Writing – A Memoir of the Craft“ („Das Schreiben und das Leben“) ist ein Buch, das im Zusammenhang mit dem Handwerk des Schreibens so oft zitiert wird, dass es meine Neugier weckte.

Kings Schreibratgeber beginnt autobiografisch. Zunächst erzählt er aus seiner Kindheit in Stratford / Conneticut und von seiner wachsenden Leidenschaft für Comics, Science-Fiction, Fantasy und Horrorgeschichten, die ihn zum Schreiben animierte. Er lernt Tabby kennen, seine künftige Ehefrau und „Ideal Reader“, die seine Manuskripte so ehrlich und kritisch beäugt wie einst Alma die Werke ihres Ehemannes Hitchcock. King führt das typische Leben eines Schriftstellers, der ständig in Geldnot ist, eine Geschichte nach der anderen an Magazine verschickt und bei jeder Veröffentlichung mit seiner Frau einen Jubeltanz vollführt. 

Auch für Leser, die seine berühmten Romane wie „Carrie“ oder „Christine“ nicht gelesen haben, sind seine Rückblicke sehr interessant. Er lässt uns an seinen Schreiberfahrungen teilhaben und gibt viele nützliche Tipps. Einer davon, der mir gut gefällt, ist „Write with the door closed, rewrite with the door open.“ Mit anderen Worten: Schreib’ erst einmal alles ohne Zensur nieder, nur für dich allein. Erst im zweiten Schritt bezieht man den Leser mit ein und schreibt die Geschichte für ihn um. Romane sind für ihn wie Briefe an eine Person, die man als idealen Leser vor Augen hat. King motiviert uns, über Dinge zu schreiben, die wir lieben, statt beliebte Themen zu wählen oder den Stil anderer zu kopieren. 

Auch das Handwerkszeug kommt in diesem Buch nicht zu kurz. Auf Adverbien zu verzichten, stimmige Metaphern einzusetzen und die Vorgeschichte kurzzuhalten, zählen zu den Regeln, die man auch aus anderen Ratgebern kennt. Bei Stephen King klingt alles so einfach: Man setze zwei oder mehrere Charaktere einer bestimmten Situation aus und beobachte, wie sie interagieren, sich entwickeln und wachsen. Seiner Meinung nach wird der Plot überbewertet. Er selber habe nie den Aufbau einer Geschichte mit sämtlichen Wendepunkten und Spannungskurven vorher geplant. Bewährt hat sich dagegen der Ansatz „What if“, der ihm beim Duschen, Autofahren oder Spazierganz jede Menge Ideen für Geschichten bescherte. Einen Rat vom Meister des Horrorgenres kann ich jedenfalls ganz mühelos umsetzen: so viel und oft wie möglich zu lesen und zu schreiben.

 
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