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Verlorene Dinge und neue Chancen

2017-06-07
Bedford
Verlorene Dinge und neue Chancen

Wieder einmal machte ich literarische Bekanntschaft mit einem verrückten Sammler. In „Die wunderbare Reise eines verlorenen Gegenstands“ von Salvatore Basile war es ein Bahnhofswärter, der seine Wohnung mit Fundsachen vollstopfte. "The Keeper of Lost Things" („Mr. Peardews Sammlung der verlorenen Dinge“) von Ruth Hogan handelt von Gegenständen, die Anthony Peardews in Straßen findet und sorgfältig archiviert in der Hoffnung sie eines Tages ihren Besitzern zurückgeben zu können. Dass sich dahinter ein noch einzulösendes Versprechen verbirgt, ahnt seine Assistentin Laura nicht, als Peardews verstirbt und ihr sein gesamtes Hab und Gut vererbt. In seinem Testament bittet er sie lediglich, seine Lebensaufgabe fortzuführen. 

Das ist leichter gesagt als getan. Als Laura die Schränke und Schubladen voller Keksdosen, Ringe, Mäntel und Untertassen inspiziert, fühlt sie sich überfordert. Dabei liegt ihr sehr viel daran, diese verantwortungsvolle Aufgabe in Peardews Sinne fortzuführen. Nach einer überstürzten und gescheiterten Ehe in jungen Jahren war sie von ihm voller Güte aufgenommen worden. Das Haus Padua ist für sie seitdem eine Zuflucht vor der verrückten Welt, ein Ort des Trostes und der Heilung. Bildhaft und atmosphärisch führt uns die Autorin gleich am Anfang in den Schauplatz der Geschichte ein – ein Anwesen voller Erinnerungen an das glückliche Paar Anthony und seiner verstorbenen Frau Therese, aber auch voller Fragmente aus Leben fremder Menschen, die die Fundsachen widerspiegeln. Wie soll Laura all die Dinge mit ihren Besitzern zusammenführen? Immerhin ist sie nicht allein – der Gärtner Freddy, in den sie sich verliebt, unterstützt sie mit einer Website. 

Sehr originell fand ich die Idee, den Roman mit eingestreuten Kurzgeschichten aufzulockern, die der verstorbene Peardews zu den einzelnen Objekten geschrieben hat, zum Beispiel eine Story über einen weißen Schirm mit roten Herzen, den er eines Tages im Central Park fand. Während der Lektüre dachte ich über meine eigene Beziehung zu Gegenständen und Erinnerungsstücken in unserem Haus nach und mir wurde bewusst, dass sie oft nicht die Wertschätzung bekommen, die sie verdienen. Ermutigt durch ihre Freundin Sarah schafft es Laura schließlich, ihre die Verletzungen in ihrer Vergangenheit loszulassen und die Chance auf einen neuen aufregenden Lebensabschnitt dankbar anzunehmen. Aus dem Ort der Zuflucht wird ein Ort, der neue Träume entstehen lässt. Eine sehr schönes Bild und viele lebensbejahende Botschaften, die Ruth Hogan in eine wunderbar altmodische und herzerwärmende Geschichte verpackt hat. Interessant ist, dass sie selbst begeisterte Sammlerin von Fundstücken ist. Mit ihrem Mann und drei Hunden lebt sie in einem viktorianischen Haus in Bedford und begann nach einer Krebserkrankung mit dem Schreiben. 

 
Selbstfindung