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Lesen statt putzen

2017-08-09
Köln
Lesen statt putzen

Amüsante Unterhaltung – das war meine Erwartung an das Hörbuch „Ab morgen wird alles anders“ von Elke Heidenreich, das eine Sammlung ihrer Kolumnen aus der Zeitschrift „Brigitte“ enthält. Überrascht war ich dann, wie sehr mir die Autorin aus der Seele sprach. Bestes Beispiel ist die Episode „Über Literatur und Fensterputzen“. Ich konnte zu gut nachfühlen, wie schwer es fällt, die Lektüre von „Madame Bovary“ zu unterbrechen, um Fenster zu putzen oder sich einer anderen überfälligen Hausarbeit zu widmen. Sie haben Recht Frau Heidenreich, der Haushalt stellt immer von sich aus Chaos her und arbeitet gegen einen! Ich würde Ihnen gern die Tragetasche mit dem Slogan „LESEN STATT PUTZEN“ schenken, die ich neulich entdeckt habe.

Ganz ähnlich wie sie empfinde ich auch anstrengenden Besuch, bei dem ich mir denke, „Was hätte man alles in der Zeit lesen können?“, oder die Erwartung von Freunden und Bekannten, ihre Kinder süß zu finden. Meine Fantasie würde ich auch gern versichern lassen. Ich habe mich allerdings noch nicht getraut, in einer Parfümerie, in der man stets von unnahbaren „Göttinnen“ umgeben ist, nach einem Make-Up in Wüstenfarbe zu fragen.

Die Autorin knüpft sich Themen und Alltagssituationen vor, die sicher jeder kennt, wie nervige Mitmenschen, Urlaubsbekanntschaften, die Qual der Wahl beim Einkauf oder wieviel Zeit man im Leben mit Warten verbringt. Jeder könnte wohl seinen Senf dazu geben und seine eigene Geschichte erzählen, aber nur wenigen gelingt es vermutlich, sie so pointiert, sprachgewandt und mit bissigem Humor wiederzugeben wie Elke Heidenreich. Ob Verwunderung, Grauen, Bedauern oder Häme – für jede Gefühlslage findet sie den passenden Ton, so dass ich sogar Wartezeiten im Stau mit einem Lächeln überbrücken konnte. Als sie über kreative Schübe sinniert und beschließt, endlich einmal Sauerkirschmarmelade selbst zu kochen, hatte ich fast das Gefühl, in ihrer Wohnung zu stehen und ihre Selbstgespräche mitzuhören.

Eines wurde mir so richtig bewusst: wie ähnlich wir Menschen doch ticken und unsere Umwelt wahrnehmen. Nach diesem Hörvergnügen ärgere ich mich vielleicht in nächster Zeit nicht so schnell über eine nervige Situation und kann darüber schmunzeln.

 
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