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Ein Lebenskünstler mischt ein Dorf auf

2018-01-19
Val del Poggio
Ein Lebenskünstler mischt ein Dorf auf

An einem selbst gewählten Ort mit der Frau, die er liebt, ein selbstbestimmtes Leben führen – diesen Traum glaubte Pietro, Ich-Erzähler in dem Roman „Als Durante kam“ verwirklicht zu haben. Er lebt mit seiner österreichischen Freundin Astrid und Hund Oscar zurückgezogen im norditalienischen Val del Poggio. Sie betreiben eine Weberei und führen scheinbar ein erfülltes Leben. Dass dem nicht so ist, wird ihm auf schockierende Weise bewusst, als aus dem Nichts ein Fremder auftaucht. Durante nennt er sich, trägt Cowboystiefel, einen seltsamen Hut und soll auf dem Hof Morlacchi Reitstunden geben. Seine entwaffnende Ehrlichkeit, Sorglosigkeit, aber auch Einfühlungsvermögen bringt die kleine geschlossene Gesellschaft im Dorf völlig aus dem Konzept.

Pietro fühlt sich in jeder Hinsicht dem Eindringling unterlegen und geht sofort auf Konfrontationskurs. Ihm passt es zum Beispiel gar nicht, dass er den Frauen reihenweise den Kopf verdreht, auch Astrid und deren Schwester Ingrid, die zu Besuch kommt. Noch fataler ist wohl die Tatsache, dass Ingrids Interesse an Durante ihn mehr stört als die seiner Lebensgefährtin. Spätestens da muss er sich eingestehen, dass schon zuvor seine Beziehung und noch vieles mehr in seinem Leben im Argen lag. Durante hat ihm lediglich auf schmerzliche Weise die Augen geöffnet.

De Carlo zeichnet wieder einmal meisterhaft gegensätzliche Charaktere und Lebensentwürfe. Durante, der nur im Augenblick lebt und Besitz und Verpflichtungen ablehnt, macht Pietro nur allzu deutlich, wie festgefahren sein eigenes Leben ist. Ähnlich wie in „Zwei von Zwei“, einer meiner Lieblingsbücher, taucht er tief in die Seelennöte der Figuren ein und umkreist Fragen wie: Wieviele Optionen kann und sollte man in seinem Leben ausschöpfen? Wann merkt man, ob man sein Leben aus Überzeugung oder aus Gewohnheit führt? Welche Opfer fordert grenzenlose Freiheit? Nach einem Roadtrip mit Durante, der noch mehr Überraschungen birgt, kommt Pietro immerhin einer Antwort näher.

 
Selbstfindung