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Eine amerikanisch-italienische Amour Fou

2018-02-14
Mailand
Eine amerikanisch-italienische Amour Fou

Beziehungen sind zum Scheitern verurteilt. So könnte das Fazit lauten, das man aus dem Roman „Sie und Er“ von Andrea de Carlo zieht. Da wäre zunächst einmal „Sie“, die Amerikanerin Clare Moletto, die mit 20 nach Italien gezogen ist, noch zwischen den beiden Kulturen schwankt und unter ihrer Andersartigkeit leidet. Nach einer gescheiterten Ehe mit einem untreuen Musiker führt sie eine unglückliche Beziehung mit dem langweiligen Mailänder Anwalt Stefano.

Bei einem Autounfall lernt Clare „ihn“, den Erfolgsautor Daniel Deserti kennen. Sie entwickelt starke Gefühle für ihn, die jedoch durch Fehlinterpretationen und verpasste Momente immer wieder in eine Art Hassliebe kippen. Auch der geschiedene Daniel fühlt sich stark zu Clare hingezogen. Ein romantisches Happy End ist jedoch lange Zeit nicht in Sicht. Das unaufhörliche Hin und Her zwischen Anziehung und Abstoßung zieht sich über mehrere hundert Seiten hin.

Ich konnte nur staunen über die Einfühlungsgabe des Autors, besonders was die Gefühlswelt einer romantisch veranlagten, unsicheren und desillusionierten Frau angeht. Schonungslos seziert de Carlo auch den Männertyp, den Daniel verkörpert und etwas zu klischeehaft geraten ist: ein gut aussehender, zur Trinksucht neigender, zynischer Frauenversteher, der seiner Partnerin das Gefühl gibt, etwas ganz Besonderes zu sein. Clare ist sich sicher, seine Masche durchschaut zu haben, und ist trotzdem seiner Anziehungskraft verfallen.

Man erkennt viele typische Themen der Romanwelten de Carlos wieder: Mailand als abstoßendes und doch faszinierendes Moloch, die Literaturwelt, die Spannung zwischen Anpassung und Aufbegehren und die Sehnsucht nach einem einfachen Leben. Diesmal dominiert allerdings die Bitterkeit der Figuren, die manchmal so lähmend wirken wie die mehrmals beschriebene unerträgliche Hitze in der Großstadt. Ich fragte mich auch, warum Clare nicht endlich die Beziehung zu Stefano beendet, wenn der Gedanke an eine gemeinsame Zukunft mit ihm sie so sehr abschreckt.

Abgesehen von einigen Längen gelingt es de Carlo, die unergründlichen Gefühle eines verliebten Menschen mit allen Höhen und Tiefen und die einzigartigen kostbaren Momente, in der man wahre Liebe verspürt, in ein bewegendes Liebesdrama zu packen.