Die Entdeckung des Delfter Blaus

Zu manchen Romanfiguren findet man sofort einen Draht. Catrijn aus "Nachtblau" von Simone van der Vlugt war bei mir so ein Fall. Auf wenigen Seiten wird erzählt, wie sie ihren Mann Govert auf einem Fest kennenlernte, ihn heiratete und nach seinem plötzlichen Tod seine Farm erbte. Da musste ich einfach wissen, wie ihr Leben weitergeht und begleitete die junge Witwe auf eine schicksalhafte Reise quer durch Holland.
Catrijn hält es nicht lange in ihrem Heimatdorf De Rijp, denn sie wollte schon immer in die Großstadt und sich am liebsten der Malerei widmen. Welch ein Glück, dass sie den Weltenbummler Mattias van Nulandt kennenlernt und erfährt, dass sein Bruder Adriaen eine Haushälterin sucht. Bei der angesehenen Kaufmannsfamilie in Amsterdam kommt sie nicht nur das erste Mal mit Delfter Porzellan in Berührung – sie lernt auch Rembrandt und seinen Schüler Nicolaes Maes kennen, der Adriaens Frau Brigitta Malstunden geben soll. Als Catrijn heimlich eine chinesische Vase malt, stellt sie die Weichen für ihre Zukunft: Sie darf in der Porzellan-Manufaktur von Adriaens Bruder Evert in Delft als Keramikmalerin einsteigen.
Doch ihre dunkle Vergangenheit, die nur peu à peu preisgegeben wird und sie einholt, sowie lebensbedrohliche Schicksalsschläge legen ihr immer wieder Steine in den Weg. Bis zum Ende fiebert man mit dieser klugen, talentierten und mutigen Protagonistin mit, die mit ihren ausgefallenen Ideen das Keramikgeschäft ankurbelt. Diesen Part hätte ich mir noch detaillierter gewünscht. Nichtsdestotrotz erfährt man in diesem gut recherchierten Buch viel Interessantes über die damaligen Lebensumstände, Standesunterschiede, die Atmosphäre in Alkmaar, Amsterdam und Delft und nicht zuletzt die Geschichte des berühmten Delfter Porzellans. Auch wenn ich mich für Porzellan nicht so sehr interessiere, habe ich Lust bekommen, die Keramikmanufaktur „Royal Delft“ zu besuchen.