Literarische Streifzüge durch Hoppers Amerika

Jedes Gemälde erzählt eine Geschichte. Ein Gemälde kann aber auch zu einer ganz neuen Geschichte inspirieren. Prädestiniert dafür sind die Bilder von Edward Hopper, die viel Freiraum für Fantasien bieten und mich schon immer fasziniert haben. Das dachte sich wohl auch Lawrence Block, als er sein Buchprojekt „Nighthawks. Stories nach Gemälden von Edward Hopper“ ins Leben rief. 17 amerikanische Autoren, darunter so namhafte wie Jeffrey Denver, Joyce Carol Oates oder Stephen King, haben zu einem Gemälde ihrer Wahl einen Kurzkrimi verfasst.
Dabei gehen die Schriftsteller ganz unterschiedlich vor. In „Zimmer am Meer“ zum Beispiel beschreibt Nicholas Christopher genau, was auf dem Bild zu sehen ist, und weitet dann die Szenerie immer weiter aus, so dass wir spätestens dann der Fantasie des Autors überlassen sind. In der Geschichte „Hotel Lobby“ dagegen wartet man als Leser förmlich darauf, dass das Bild Eingang in die Geschichte findet. Ist es dann endlich so weit, werden die Figuren regelrecht lebendig und man kommt sich vor wie in einer spannenden Filmszene, in der sich die Figuren in jedem Augenblick in Bewegung setzen werden.
Was erzählen uns diese New Yorker Stadtszenen und Momentaufnahmen von einsamen Menschen in Wohnungen, Büros und Motels? Diese Frage wird in „Nachtfalken“ sogar ganz explizit gestellt und zwar an ein Mädchen, das in einem Museum das gleichnamige Bild von Hopper betrachtet und von einem Privatdetektiv beschattet wird. Die 23-jährige möchte sich in der Tat von dem Bild zu einer Story inspirieren lassen.
Sowohl die Bilder des amerikanischen Malers als auch die Kurzgeschichten, die daraus entstanden sind, entrücken uns auf magische Weise der Wirklichkeit. Neben Krimis hätte ich mir allerdings noch andere Genres gewünscht. Es wäre interessant zu erfahren, zu welchen neuen Bildern diese Geschichten Edward Hopper wiederum inspiriert hätten.