Zeit für einen Neuanfang

Der Roman "Weich unter meinen Füßen" von Cinzia Tanzella beginnt mit einer Situation, die einigen Frauen bekannt vorkommen dürfte: Viivi wird von einem Tag auf den anderen von ihrem Freund Lukas verlassen. Kein Wunder, dass sie aus allen Wolken fällt und an nichts anderes denken kann. Besonders schmerzhaft ist ja, dass der Ex-Partner einen anscheinend gar nicht vermisst, während man selber vor Sehnsucht umkommt und bereit wäre, ihn sofort wieder mit offenen Armen aufzunehmen. Dieses Gefühl konnte ich gut nachvollziehen. Allerdings fragte ich mich, wie es zu der Trennung kam und ob es schon vorher Anzeichen einer Krise gab. Die Erklärung folgt erst einige Kapitel später.
Viivi mag keine langen Telefonate und hat ständig mit Problemen im Haushalt zu kämpfen. Auch darin konnte ich mich gut mir ihr identifizieren. Sie geht zu einer Kartenlegerin und nimmt Salsastunden, um auf andere Gedanken zu kommen. Aus meiner Sicht wurde es jedoch allmählich Zeit für eine grundlegende Veränderung in ihrem Leben, sei es beruflich oder durch ein erfüllendes Hobby. Tatsächlich entdeckt sie eine neue Beschäftigung: die Fotografie. Doch so richtig glücklich kam mir Viivi immer noch nicht vor. Die Einsamkeit bleibt bis zum Schluss. Nicht mal auf der Vernissage, wo sie Grund hätte, ihren Erfolg zu feiern, fühlt sie sich unwohl in der Gesellschaft.
Dramaturgisch hätte ich mir mehr Wendungen gewünscht. So ist der Plot ziemlich geradlinig. Die Protagonistin bleibt bis zum Schluss sehr selbstbezogen und entwickelt sich kaum weiter. Sprachlich gefielen mir die Stellen, in denen Viivi ihre Empfindungen beschreibt, besonders beim Fotografieren in der Natur. Die Geschichte hinterließ bei mir eine melancholische und traurige Stimmung. Es geht um eine verlassene und enttäuschte Frau, die auf eigene Faust ihr Glück im Leben sucht. Dazu hätte sie jedoch etwas mehr an sich und ihrer Einstellung zu ihren Mitmenschen arbeiten müssen.