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Schützenswert und verhängnisvoll

2019-04-19
Heidelberg
Schützenswert und verhängnisvoll

Ein Geheimnis zu haben, weckt schnell negative Assoziationen. Man verheimlicht etwas, ist nicht ehrlich zu seinen Mitmenschen. Doch ist es wirklich erstrebenswert, auch seine geheimsten Gedanken und Wünsche offenzulegen? Welche Rolle spielen Geheimnisse in unserem Leben? Mit diesem Thema haben sich sechs Schriftsteller/innen in der Kurzgeschichtensammlung "Geheimnis" beschäftigt.

Dass es durchaus seinen Reiz hat, nicht alles zu wissen, zeigt die Geschichte von Root Leeb über ein Mädchen, das Ratespiele liebt. Wie langweilig wäre unsere Welt, wenn es nichts mehr zu enträtseln gebe. In 'Befund' geht eine Mutter nach einer tödlichen Diagnose regelrecht darin auf, heimlich alle Vorbereitungen zu treffen, um ihre Familie nach ihrem Tod zu überraschen. Während manche Geschichten skurril und augenzwinkernd daherkommen, entfaltet Michael Köhlmeier einen märchenhaften Zauber. In 'Der Richtige und der Falsche' führt eine Täuschung unverhofft zu einem glücklichen Leben – zumindest zeitweise. Franz Hohler erweckt eine mystische Atmosphäre in einem Schweizer Restaurant, in dem ein begehrter Ecktisch mit Panoramablick stets reserviert, doch nie belegt ist.

Während der Lektüre wurde mir erst bewusst, wie viele verschiedene Arten von Geheimnissen uns umgeben. Manche Geschichten handeln von persönlichen Geheimnissen und Fantasien, die keinem schaden, solange sie nicht preisgegeben werden. Kommen sie jedoch ans Licht, können sie Menschen nicht nur tief verletzen, sondern ihr ganzes Leben ruinieren. Die subtilen bis hinzu zerstörerischen Auswirkungen eines Geheimnisses werden von den Autoren literarisch gekonnt umgesetzt. Auch der Aberglaube und die Magie kommen nicht zu kurz und machen dem Leser deutlich, dass uns zum Glück selbst in einer hochtechnisierten Welt genügend Mysterien bleiben, die wir nicht erklären können. So soll es auch bleiben.