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Die dichtende Kurtisane

2014-02-22
Venedig
Die dichtende Kurtisane

Es ist wieder soweit: Heute startet der Karneval in Venedig und auf allen bekannten Plätzen, in den Höfen der Palazzi, in den Gassen und auf den Kanälen wird gefeiert, gesungen und getanzt.

Einen tollen Einblick in die Blütezeit der Serenissima und in das Leben einer dichtenden Kurtisane bekommt Ihr in der Roman-Trilogie „Veronica Franco“ von Barbara Ludwig. Barbara und ich lernten uns in einer Autorinnengruppe kennen und haben schon einige gemeinsame Lesungen veranstaltet. Sie leitet den Verein für kreatives Schreiben Pegasus in München.

Ich habe gerade den ersten Teil gelesen und Veronicas Schicksal mit Spannung verfolgt: ihre unglückliche Ehe, ihre große Liebe zu einem Kaufmann, der von einer Reise nicht mehr zurückkehrt, und ihr Aufstieg zu einer ehrenwerten Kurtisane. Vor allem die lebendige Beschreibung Venedigs macht Lust, die Schauplätze selbst zu erkunden. Letzten Mittwoch besuchte ich ihre Lesung, die für mich besonders interessant war, da sie die einzelnen Orte in einer Diashow erläuterte. Ich fragte Barbara, wie sie auf die Romanidee kam.

Was hat dich dazu bewegt, über die Kurtisane Veronica Franco zu schreiben?

Frauenschicksale und Geschichte haben mich schon immer fasziniert. Historische Romane – je länger desto besser – zählten zu meiner Lieblingslektüre über viele Jahre. Meine romantische Seele litt mit den Heldinnen, bewunderte ihren Mut, bestand mit ihnen Abenteuer. Die Bücher waren eine Anregung, mich mit der Fragen jener Zeit auseinanderzusetzen, Museen zu besuchen etc. 

Auch Fernsehsendungen, die sich mit Geschichte befassen, fesseln mich so manchen Abend. Eine Sendung über den osmanischen Hof, seinen Herrscher Süleiman, den Prächtigen brachte den entscheidenden Hinweis. Obwohl der Pascha sich jede Nacht eine aus Hunderten von Frauen auswählen konnte und sollte, bevorzugte er bald eine. Sie schrieben sich Gedichte, er schätzte ihren Rat. Im Zusammenhang wurde Veronica Franco erwähnt. So fing ich an, zu recherchieren. Venedig gehört seit meiner Jugendzeit zu meinen Städtefavoriten.

Was hat dich an der Figur besonders fasziniert?

Bei meinen ersten Recherchen fiel mir folgendes Statement von Hartmut Köhler aus dem Buch: „Frauen der italienischen Renaissance“ in die Hand:

 „Veronica Franco ist eine Kurtisane, die schreibt und sie ist eine Kurtisane, die liebt. Liebe als Profession und Liebe als Empfindung lassen sich bei ihr nicht trennen, ebenso wenig Schreiben als Übung und Schreiben als Gefühlsausdruck. Wer das nicht akzeptieren kann, wird wohl nichts von ihr verstehen.“ 

Trotz ihrer Promiskuität räumt Veronica der Liebe in ihrem Leben Raum ein, mit allem was dazu gehört. Sie beweist Mut, hat Herz und Verantwortungsgefühl. Kurzum, sie ist eine bemerkenswerte moderne Frau. 

Wie hast Du die Recherchen vor Ort erlebt?

Nach gründlichem Studium aller möglicher Bücher über die Renaissance – besonders hilfreich war mir die Biografie „The honest courtesan“ von Margaret F. Rosenthal – bin ich in größter Sommerhitze fünf Wochen lang durch die Gassen und Plätze Venedigs gestreift – im Blickwinkel Bauten und Hinweise aus der Zeit der Veronica. Dann fing ich an zu schreiben, las wieder viele Bücher, besuchte Museen, alle Ausstellungen über die Renaissance, die ich finden konnte und reiste erneut nach Venedig. Ich besuchte auch Verona, Mantua, Treviso und Oderzo. Im April plane ich eine Reise in die Nähe von Verona, um mir die Villa della Torre in Fumane anzusehen, in der Veronica während der Pestjahre 1575 bis 1577, ihre Exiljahre, oft Gast war.

Schon beim Schreiben, entdeckte ich den wundervollen englischen Film: „Dangerous Beauty“ mit Catherine McCormarck als Veronica. Er geht zwar ziemlich frei mit den historischen Fakten um, aber bringt nichtsdestotrotz eine herrliche Stimmung rüber. Ich habe ihn bestimmt ein Dutzendmal angesehen. 

Was ist Dein nächstes Romanprojekt?

Ich arbeite am letzten Band der Veronica Trilogie. Weitere Pläne schiebe ich noch zur Seite. Zwischendurch schreibe ich schon mal Krimi- und andere Geschichten für Anthologien. Der Stoff eines neuen Mallorca-Krimis schwirrt mir ab und zu durch den Kopf. Aber auch eine Weiterentwicklung des historischen Stoffes mit einer fiktiven Figur wäre denkbar. 

Vorerst begleite ich meine Veronica auf den Zenit ihres Erfolges. Sie wird vom König von Frankreich auserwählt und veröffentlicht ihr erstes Buch. Dann führe ich sie durch die Wirren der Pestzeit. Sie findet ihre neue Liebe. Die Verbindung gestaltet sich schwierig und setzt sie Anfeindungen aus. Schließlich muss sie sich sogar der Inquisition stellen. 

Dann bin ich sehr gespannt auf die Fortsetzung! Danke Barbara für den interessanten Blick hinter die Kulissen.

 
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