Von Stalkern, Bürgerpflichten und Kartoffelchips

Stärken und Schwächen – ein interessanter Gegensatz, den Peter Coon in seinem dritten Kurzgeschichten-Band "Mama hält mich fest, wenn ich lache" als zentrales Thema gewählt hat. Interessant deshalb, weil gerade die vermeintlich Schwachen oftmals ungeahnte Stärken entwickeln können, wie die Kurzgeschichte "Stark sein ist Bürgerpflicht" zeigt. Die Protagonistin Helen, die sich an ihrem Geburtstag erneut dem Willen ihres Partners gebeugt hat und mit dem Wagen auf den nahegelegenen Berg gefahren ist, statt zu Fuß zu gehen, fasst auf dem Gipfel den Entschluss, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen und ihren eigenen Weg zu gehen. Ich war beeindruckt, wie gut sich der Autor in die Gefühle einer Frau hineinversetzen und sie so eindringlich beschreiben kann.
Mir gefallen seine starken Metaphern: In der genannten Geschichte ist es die Gebirgswelt, auf die Helens Lebenssituation projiziert wird; In einer anderen sind es zwei Einkaufswägen in einem Supermarkt mit völlig unterschiedlichen Inhalten, die die Wahl zwischen aufregendem Nervenkitzel und solider Partnerschaft symbolisieren. Neben Beziehungen knöpft sich Peter Coon auch brisante Themen vor. In "Tor der Tränen" beschreibt er eine qualvolle Befragung, die ein Flüchtling erleiden muss und entwirft in "Kartoffelchips" ein Zukunftsszenario, in dem Bäume und Gräser zu einer Rarität geworden sind.
Sein Erzählton ist sehr vielseitig – mal witzig und frech, mal satirisch und bissig, mitunter auch einfühlsam und warmherzig, wie in der titelgebenden Story, die mich sehr berührt hat. Mit wenigen Ausnahmen haben mir die abwechslungsreichen Erzählungen großes Lesevergnügen bereitet. Am kommenden Freitag, den 22. November um 20 Uhr, stellt Peter Coon sein Buch in der EFG Oberdorf in Witten vor.