Kreativ und pleite

Bleiben die Aufträge aus, so hat man als freiberufliche Journalistin auf einmal viel Zeit – und zu wenig Geld auf dem Konto. Bei Sophie, Ich-Erzählerin des Romans "Quand le diable sortit de la salle de bain" ("Als der Teufel aus dem Badezimmer kam"), sind es gerade einmal 17,70 EUR, mit dem sie auskommen muss. Da überlegt sie schon sehr genau, welche Lebensmittel in den Einkaufswagen wandern. Sophie zählt sehr häufig auf: was sie einkauft, was sie isst, was sie tun könnte, wenn sie Geld hätte... Entspringen die Aufzählungen, die teilweise über mehrere Seiten gehen, ihrer überbordenden Fantasie, übt sie sich in Sprachakrobatik oder ist es lediglich Zeitvertreib? Das muss der Leser selbst entscheiden.
Ihre Fantasie kennt ebenso keine Grenzen, wenn es darum geht, was sie in ihrem Haushalt zu Geld machen könnte. Viel passiert in diesem Roman nicht, außer dass sich die Erzählerin regelmäßig mit der Bürokratie herumärgern muss oder von ihrem Dämon heimgesucht wird. Interessant ist jedoch, in welchem Kontrast der permanente Notstand und der Mangel an materiellen Dingen zu den ausufernden geistigen Ergüssen, Wortneuschöpfungen, literarischen Bezügen und fantasievollen typographischen Gebilden steht, die teils amüsant, teils etwas anstrengend sind. Sophie Divry gibt auf sehr experimentelle und anspruchsvolle Weise Einblick in ein gesellschaftlich isoliertes Leben am Existenzminimum und regt zum Nachdenken an.