YukBook.me

Stories & Design

Große Hingabe für ein hartes Metier

2020-08-04
Paris
Große Hingabe für ein hartes Metier

In einem Interview erfuhr ich, dass die französische Schriftstellerin Maylis de Kerangal für ihre Romane gern Themen auswählt, für die sie sich zunächst nicht besonders interessiert. Das gilt auch für ihr aktuelles Buch „Porträt eines jungen Kochs„, in dem sie uns in die Welt der Küchen entführt. Auf nur 96 Seiten schafft sie es, 15 Lehrjahre eines ambitionierten Kochs, der ein entfernter Bekannter von ihr ist, unterzubringen.

So temporeich wie ihr Erzählstil ist auch der Wechsel der Schauplätze. Der BWL-Student Mauro beschließt, sich seiner wahren Leidenschaft, dem Kochen, zu widmen und bildet sich in Bistros und Sternerestaurants quer über den Globus weiter. Er reist nach Berlin, Caracas, Burma und Bangkok, bis er schließlich in seiner Heimat Paris ein eigenes Restaurant eröffnet.

Bei all der regionalen und kulinarischen Abwechslung gibt es eine Konstante: Mauro ist fest entschlossen, eisern seinen eingeschlagenen Weg zu verfolgen, auch wenn er ständig mental und physisch am Limit ist und auf jegliche Erholung und Freizeit verzichten muss.

Die Autorin schafft es, auf den wenigen Seiten unglaublich viele Details unterzubringen. Die Beschreibung der Gerichte lässt einem das Wasser im Mund zusammenlaufen. Doch sie beleuchtet nicht nur den künstlerischen und kreativen Aspekt des Kochens, sondern auch die praktische Seite, die Konzentration, Präzision und physische Anstrengung fordert, und gewährt einen Blick hinter die Kulissen. Dass verbale und physische Gewalt in den Küchen nicht ungewöhnlich ist, hat mich überrascht.

De Kerangals Sprachstil ist wechselhaft: mal sachlich, fast wie eine Reportage, mal sinnlich und poetisch. Durch Mauros Rastlosigkeit habe ich mich leider schwergetan, Zugang zu der Figur zu finden. Gestört hat mich auch, dass die Rolle der distanzierten Ich-Erzählerin bis zum Schluss unklar bleibt.