Vorhang auf!

Nach dem gleichen Konzept wie "Schriftstellerinnen!" und "Krimi!" entführen uns Karen Mahrenholtz und Dawn Parisi in die Welt des Theaters. Als einer der ersten Dramatiker wird Aischylos vorgestellt, der als Soldat die Perserkriege miterlebte und mit der griechischen Tragödie „Die Perser" berühmt wurde.
Von 800 v. Chr. bis 2016 spannen die Autorinnen einen Bogen und stellen ausgewählte Stücke vor. Interessanter als die Inhaltsangaben, die man sich vor lauter verschiedener Figuren und Handlungen kaum merken kann, fand ich die Einordnung in die jeweilige Zeit und die Reaktionen der Zuschauer. So manche Autoren wagten etwas völlig Neuartiges und überraschten damit das Publikum. Goethe zum Beispiel löste in "Götz von Berlichingen" erstmals die Theaterregel nach Aristoteles – die Einheit von Ort, Zeit und Handlung – auf; Gerhart Hauptmann erfand das Sozialdrama.
Manche Stücke sind wahre Evergreens, zum Beispiel "Die Mausefalle" von Agatha Christie, das seit mehr als sechzig Jahren täglich in London gezeigt wird. Der Streifzug durch zahlreiche Stücke wird aufgelockert durch treffende Illustrationen, Schaubildern und Übersichten, zum Beispiel von berühmten Theaterhäusern, Theatertruppen oder Spielleitern.
Ich war lange Zeit ein begeisterter Kinogänger, während das Theater für mich immer mehr seinen Reiz verlor, obwohl ich viele Werke von Molière, Camus oder Ionesco gern gelesen habe. Das liegt vor allem an den modernen Aufführungen, die ich zuletzt gesehen habe. Wenn sich die Darsteller permanent anbrüllen, nackt auf der Bühne herumspringen oder urinieren, ist das nur nervig und abstoßend. Ich hatte den Eindruck, dass die modernen Autoren in erster Linie provozieren wollen, was sich in diesem Buch bestätigt hat. Einem Stück wie "Call Cutta" ohne Bühne und ohne Schauspieler, mit nur einem Performer, den man nicht sieht und einem Theatergänger, der sein eigenes Drama erlebt, kann ich vermutlich wenig abgewinnen. Da lasse ich mich lieber von Mahrenholz und Parisi mit ihrem informativen Überblick unterhalten.