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Anders als andere Mütter

2014-05-06
Berlin
Anders als andere Mütter

Während ich diese unglaublich aufwühlende Geschichte "Du bist nicht so wie andre Mütter" von Angelika Schrobsdorff" las, versuchte ich mir vorzustellen, eine Frau wie Else Kirschner zur Mutter zu haben. Die einzigen Parallelen, die ich zwischen ihr und meiner Mutter feststellen konnte, waren die Leidenschaft für Theater und Konzerte. Davon abgesehen, können sie verschiedener nicht sein – allein die Tatsache, dass Else drei Kinder von drei verschiedenen Männern bekam. 

Else wächst behütet im wohlhabenden jüdischen Elternhaus auf, verwandelt sich jedoch zunehmend zu einem freidenkenden und egozentrischen Lebemenschen. Ihre Tochter versucht diese exzentrische Frau zwischen Konvention und Leidenschaft, zwischen Bourgeoisie und Bohémien, zu begreifen und rekonstruiert anhand von Aufzeichnungen deren dramatische Lebensgeschichte, die mit der Flucht vor den Nazis ins Exil endet.

Schrobsdorff schildert das extravagante Leben im Berlin der wilden 20er Jahre so authentisch und lebendig, dass ich das Gefühl hatte, ich sei selber auf einer der ausgelassenen Parties inmitten einer vergnügungssüchtigen Gesellschaft. Einerseits war ich von dem freidenkenden Leben im Künstlermilieu fasziniert, dann wieder von den Ausschweifungen und der Dekadenz abgestoßen.

Else Kirschner liebte die Künste und die Männer – ein Thema, das Angelika Schrobsdorff auch in ihrem tollen Roman "Die Herren" schonungslos und packend umsetzt. Am besten konnte ich mich seltsamerweise mit Elses zweitem Ehemann identifizieren, der zufrieden war, wenn er seine Ruhe hatte und sich in seine geliebte Bibliothek zurückziehen konnte.

 
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