YukBook.me

Stories & Design

Schachmatt

2020-11-19
Lexington
Schachmatt

Allmählich fielen sie mir wieder ein, während ich mir gebannt die Mini-Serie „Das Damengambit“ ansah: die Schachregeln, die mir mein Vater vor langer Zeit beigebracht hat. Anscheinend verlor ich schnell das Interesse, denn an unseren Spielabenden hatten Backgammon, Malefiz, Monopoly und Mensch ärgere dich nicht die Nase vorn. Aber auch wenn ich das Schachspiel mehr vertieft hätte, wäre wohl kaum ein solches Genie aus mir geworden wie Beth Harmon in dieser Netflix-Serie, die in den Sechzigerjahren spielt.

Die Hauptfigur der Serie verliert ihre Mutter bei einem Autounfall und wächst in einem Waisenhaus in Kentucky auf. Zwei Dinge werden ihr künftiges Leben prägen: Das Schachspiel im Keller gegen den Hausmeister, bei dem sie ihr besonderes Talent entdeckt, und die Beruhigungspillen, mit denen die Kinder abends ruhiggestellt werden. Als sie adoptiert wird, meldet sie sich bei einem Schachturnier an, um ihr dürftiges Taschengeld aufzubessern.

Ihrer gelangweilten und alkoholabhängigen Adoptivmutter, die von ihrem Ehemann verlassen wurde, kommt die unerwartete Wende in ihrem Leben gerade recht. Endlich hat sie einen Lebensinhalt und kann sich nicht nur als Mutter, sondern auch als Managerin ins Zeug legen. Es geht nach Cincinatti, Las Vegas und Paris, wo Beth einen Konkurrenten nach dem anderen ausschaltet. Dabei hat sie stets ein großes Ziel vor Augen: den russischen Weltmeister Borgow zu besiegen.

Anya Taylor-Joy spielt die Rolle des Schachgenies, das immer mehr dem Alkohol und Medikamenten verfällt, um die möglichen Schachzüge des Gegners zu visualisieren, brilliant. Ihren durchdringenden Blick, ihren eleganten Modestil und ihre selbstbewusste Art, sich in der männerdominierten Schachwelt zu behaupten, werde ich nicht so schnell vergessen.