Plädoyer für die Freiheit

Catherine und Henry Willowes haben es sicher gut gemeint, als sie Henrys Schwester Laura nach dem Tod ihres Vaters bei sich aufgenommen haben. Doch die 28-jährige Heldin des Romans „Lolly Willowes, oder Der liebe Jägersmann“ von Sylvia Townsend Warner ist alles andere als glücklich in ihrem neuen Zuhause. Kein Wunder: Ihr Alltag beschränkt sich darauf, die häuslichen Rituale mitzumachen, an Familien- und -urlauben teilzunehmen und vor allem als „Aunt Lolly“ für die beiden Kinder da zu sein.
Nach zwanzig Jahren reicht es ihr. Sie verkündet ihrem Bruder, dass sie allein nach Great Mop in die Chiltern Hills ziehen und ihr eigenes Leben leben will - was auf heftigsten Widerstand stößt, doch Laura lässt sich von ihrem Entschluss nicht abbringen. Ab da beginnt für sie ein neuer Lebensabschnitt. Sie freundet sich mit ihrer Vermieterin an, macht ausgedehnte Spaziergänge und genießt die Natur und das Alleinsein. Ihr Glück hat jedoch ein jähes Ende, als ihr Neffe Titus bei ihr aufkreuzt und sich einnistet, um ein Buch zu schreiben.
Wenn Frauen Anfang des 20. Jahrhunderts ein freies Leben führen wollten, mussten sie zu unkonventionellen Mitteln greifen. Das trifft auch auf Laura zu: Sie geht einen Pakt mit dem Teufel ein, um Titus loszuwerden. Der Debütroman von Sylvia Townsend Warner schildert nicht nur den Befreiungsschlag einer Frau, sondern unterhält mit märchenhaften und phantastischen Zügen. Er erschien im Jahr 1926 und liegt nun in einer überarbeiteten Übersetzung von Ann Anders vor.